Pandemiegewinner Hund und Katze, Reflexionen am Neujahrsmorgen

01 Jan
1. Januar 2021

246, Januar 2021

Guten Tag,
Hunde und Katzen werden es nicht wissen, warum sie nicht wie bei jedem Silvester aufgeschreckt wurden. Dies Mal war stille Nacht. Dinner for One, die alljährliche Kultsendung, bei der der Diener und die alte Dame mit nicht vorhandenen Gästen, jeder abwesend präsent, feiern, war in diesem Jahr näher an der Realität als je zuvor. „Wir haben zum Essen ein Glas Wein getrunken, beim Jahreswechsel ein Glas Sekt und das war es“, erzählte Howard, Angelas täglicher Ausgehfreund. Sein Chester und unsere Josie sind befreundet und freuen sich jeden Morgen auf das Wiedersehen und so auch Howard und Angela. Ich bin von Fall zu Fall, so heute morgen, dabei und beobachte die Rituale. Es geht ins Gonsbachtal. An einer bestimmten Stelle, nicht weit vor den Römerwiesen, kommen Howard und Chester von rechts heran. Howard und Angela haben sich vorher per WhatsApp verständigt, dass es nun los geht. Dies ist nun der Moment, in dem Angela Josie von der Leine lässt. Und diese rennt zu ihrem Freund und beide in die Gärten. Wenn sie dann wiederkommen, ist das Ritual auf den Steinen an der Römerwiese dran. Der schwarze und immer Leckerli gierige Chester

vorneweg, Josie hernach. Sie springen auf den ersten Stein, bekommen ihre Häppchen und haben dann über den zweiten Stein auf den dritten zu springen. An der einen Seite steht Angela, an der anderen Howard. Und es gibt natürlich Leckerlis für dieses Kunststück. Josie lässt oft dem mittleren Stein aus. Danach geht es auf die Wiese. Die Frage ist, welche anderen Hunde gerade mit von der Partie sind. Da gibt es welche, die beide nicht leiden können. Dann wird geknurrt und es werden die Zähne gefletscht und manchmal wird auch gebissen. Aufgeregte Herrchen und Frauchen versuchen ihre Lieblinge auseinander zu bringen. Dann gibt es Hunde-Freunde, mit denen beide gerne spielen. Spielen heißt immer, herumrennen, sich bedrängen, sich beschnüffeln und wieder herumrennen. Und dann gibt es Hunde, die kann entweder der eine oder der andere leiden und der eine oder der andere eben nicht. Da spielt Eifersucht eine Rolle. Das alles wird zwischen den Herrchen und den Frauchen ausgiebig erörtert. Man kennt die Namen der Hunde und kennt deren Herkunft und weitere Geschichten. Es kann, wie heute, auch vorkommen, dass zwei oder drei Hunde fröhlich spielen, einer aber nicht. Der eine ist in aller Regel Josie. Denn diese macht eines noch lieber als alles andere, nämlich Löcher graben. Sie ist mit Rieseneifer dabei. Und manchmal erfolgreich, wie neulich als sie eine Ratte fing. Die musste ihr Leben lassen. Bei den Grabungsarbeiten gibt es eine Besonderheit. Jeder Hund, der sich der Grabungsstelle nähert, wird aggressiv verscheucht. Es gibt eine Ausnahme: Chester darf mitbuddeln. Und so sind sie dann Kopf an Kopf beschäftigt. Allerdings nur kurz, weil Chester gesehen hat, dass Angela sich an ihrer Tasche zu schaffen macht oder Howard auch nur eine Hand in seine Hosentasche steckt. Chester ist alarmiert und kommt angerannt. Es könnte ja sein, dass er eine Essens-Chance verpasst.
Josie muss mitunter vom Buddelloch weggezerrt werden.Eine Weile hatte sie sich nicht einfangen lassen, sondern hat das nahe Ende der Zeit auf der Römerwiese als Signal zum eigenständigen Ausbruch in die Nachbargärten genutzt. Das war vor allem im Sommer, wenn die Garten -Besitzer in ihren Gärten saßen, ein peinlicher Vorgang, einige Besitzer zetern verlässlich über die Unverschämtheit. Schrebergärtner gegen Hundebsitzer, das sind unterschiedliche Cluster von Menschen. Ein oder zwei Tiere, die sich von Zäunen nicht abhalten ließen, in privates Eigentum einzudringen, mit welcher Absicht auch immer. (Wenn dort nicht gerade ein Eichhörnchen oder sonst etwas Lebendes herumsprang, waren diese Ausflüge völlig harmlos). Deswegen jetzt also angeschnallt.

Und den Weg herunter bis zum Hauptweg und dann links über den Gonsbach. Im Sommer ein weiterer Haltepunkt, bei dem die Hunde ihrer Wasserlust frönen. Nächstes Ziel ist ein ehemaliger Kinderspielplatz, jetzt mit einer einsamen Bank und, man fasst es kaum, einem Papierkorb, im Gonsbachthal eine Rarität, ausgestattet. Dazu mit durchnummerierten Bäumen, durchnummeriert weswegen auch immer. Hier wird am Anfang angehalten, beide Hunde haben sich zu setzen und erst auf das Signal von Howard zu starten. Früher war dies das Signal zum Kampf. Jetzt ist es das Signal für Chester, auf einen Baum loszuwetzen, dessen Früchte er mag. Josie langweilt sich. Vom benachbarten Tennisplatz wurden im Laufe der Zeit genug Bälle eingesammelt, um einen, schmutzig, angekaut und vergammelt, wieder aufzutun. Beide Hunde lieben es, zwischen ihren Besitzern, die sich die Bälle zu werfen, hin und her zu rennen. Sie können sicher sein, die Hunde, nicht die Besitzer, dass immer wieder mal ein Ball herunterfällt und Beute des einen oder anderen Tieres ist. Der Ball wird apportiert und gegen ein Leckerli eingetauscht. Dann gibt es noch zwei Rituale, eines beim Verlassen des Sportplatzes und eines bei der Trennung für heute, wenn der eine Hund mit seinem Besitzer geradeaus und der andere nach rechts abbiegt.
Damit ist der Tag mit den Haustieren noch keineswegs zu Ende erzählt. Am Morgen gehe ich mein Arbeitszimmer und tausche den Essensnapf für Flummi aus. Von irgendwoher (sie hat unterschiedliche Schlafplätze, meine rothaarige Katze) springt sie auf den Schreibtisch. Ich decke die Abdeckungen ab, die den Schreibtisch und die Papiere darauf schützen sollen, weil das gute Tier hin und wieder kotzt. Auf der linken Seite unserer beiden nebeneinander stehenden Schreibtische, also auf Angelas Seite, gibt es einen Papierkarton mit Essensrationen, jeweils portioniert und in einer Verpackung, die mit der Schere aufgeschnitten wird, und einen Papierkarton für die leeren Packungen. Eine Katze schläft oder will fressen. Wenn sie fressen will, gibt sie Laute von sich. Es könnte noch sein, dass sie aufs Klo will. Ein Katzenklo steht im Bad, ein zweites in der Küche, ein drittes in der Waschküche. Alle sind mit Sand gefüllt, der das Katzen-Pippi zu Klumpen ballt. So kann man sie leicht beim Säubern aus dem Sand herausnehmen und in einen kleinen Plastikeimer mit Deckel mittels einer Plastikschaufel hineinbringen. Alles sehr praktisch.


Dann wollen die Katzen noch gestreichelt werden, auf dem Schoß sitzen und, dies betrifft vor allem Kater, der im Wohnzimmer residiert, durch die Tür zum Wintergarten in den Garten gehen und am besten gleich wieder zurück. Kater und Josie fühlen sich beide für den Garten und somit unser Grundstück verantwortlich. Das geht auf Kosten anderer Katzen, leider auch Vögel, Igel und Eichhörnchen.

Am Nachmittag, so hat es sich inzwischen eingebürgert, hält Angela eine Lesestunde in ihrem Bett. Sie liest langsam, aber stetig. So hat sie von Joachim Fest die Hitler-Biografie gelesen, viele Romane, im Augenblick hat sie sich die Autobiografie von Obama vorgenommen. Nach einer kleinen Stunde des Lesens folgt eine längere Stunde des Schlafens. Josie liegt dabei in ihrem Bett vor unserem Bett, manchmal in der Umkleide, manchmal auch in unserem Bett. Nachts beginnt sie in der Umkleide, wandert irgendwann in ihr Bett und spätestens wenn ich aufgestanden bin, so jedenfalls bei den Schwimmzeiten (6:30 Uhr Wecker, kurz nach sieben ins Mombacher Schwimmbad), wechselt sie in unser Bett. Dort liegt sie am Fußende quer und schläft tief. Abends geht Angela nochmals mit ihr raus, ich, wenn kein Abendtermin ist, mit. Das ist für mich kein Vergnügen, aber eine Notwendigkeit, überhaupt mal vor die Tür zu kommen.

Gerade in Pandemiezeit helfen die Tiere, Wärme und Zuneigung zu empfinden. Wenn man seine Enkel schon nicht ohne Warnsignale küssen kann, dann doch den Hund und die Katze. Haustiere gehören zu den Pandemiegewinnern. Wenn ich die Hundebesitzer im Gonsbachthal, ob Männer oder Frauen, vor Augen habe, so haben sie eine Gemeinsamkeit. Jede und jeder schwärmt von ihrem oder seinem Hund. Egal wie groß der ist, wie gehorsam und von welcher Mixtur. So viel Liebe würde vielen Menschen gut tun.

Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

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