Angela Merkel: alternativlos fehlerfrei? Robert Harris hilft bei Infragestellung

28 Nov
28. November 2024

323/Nov. 2024
Guten Tag,
in allen Rezensionen der Merkel-Memoiren ist zu lesen, dass die langährige Kanzlerin keinen Grund sieht, sich Fehlhandeln zuzuschreiben. Wenn das stimmt, wäre das erstaunlich, denn jeder Mensch macht doch Fehler. Der Roman „Aurora“, der im Jelzin-Russland spielt und sich im Robert Harris-eigenen Mix aus Realität und Fiktion mit dem Erbe Stalins beschäftigt, eignet sich zur Überprüfung, wie die damals führenden Westpolitiker (in Deutschland Merkel, Vorgänger Schröder, Steinmeier u.a.) zu ihrer überaus positiven Lageeinschätzung von Putin kommen konnten, die bis zum 24. Februar 2022 anhielt. (bei manchen immer noch besteht) Das Buch von Harris ziehe ich heran, nicht weil er ein ausgewiesener Russland-Experte ist, sondern weil er vielfach in seinen Büchern gezeigt hat, dass er faktenbasiert wunderbar erzählen kann. Er ist somit leichter zu verstehen als die meisten ausgewiesenen Experten.

Robert Harris zitiert in dem 1998 erschienenen Roman einen fiktiven amerikanischen Journalisten namens O`Brian, der in Moskau lebend die damalige Situation Russlands zur Zeit von Boris Jelzin mit der Weimarer Republik vergleicht. Das Zitat, leicht gekürzt, lautet:

„Erstens, da ist ein großes Land, ein stolzes Land, das sein Imperium verloren hat, im Grunde einen Krieg verloren hat, sich aber nicht vorstellen kann, wie das passieren konnte – also glaubt es, dass ihm jemand einen Dolchstoß in den Rücken versetzt hat, also gibt es massenhaft Ressentiments, richtig?

Zweitens, Demokratie in einem Land, das keinerlei demokratische Tradition hat – die Russen können Demokratie nicht von einem Loch in der Erde unterscheiden –, die Leute mögen sie nicht, haben das ganze diskutieren satt, sie wollen eine starke Linie, irgend eine Linie.

Drittens: Grenzprobleme – massenhaft Volksangehörige leben plötzlich in anderen Ländern, behaupten, dort unterdrückt zu werden.

Viertens Antisemitismus.

Fünftens wirtschaftlicher Zusammenbruch.

Sechstens: Hitler. Noch haben sie ihren Hitler nicht gefunden. Aber wenn es soweit ist – dann sollte die restliche Welt auf der Hut sein.“

Drei Jahre später, 2001, sprach Putin im Bundestag und der Westen, speziell Deutschland, war sich sicher, dieser Staatsmann setzt den Weg seines Vorgängers Boris Jelzin in effizienter Weise um: Russland auf dem Weg in den demokratischen Westen. Gegenläufige Signale, die es später vielfach gab, wurden überhört, weil man sie überhören wollte. So die Warnungen aus den USA, den Staaten des Baltikums oder Polens und, nach der Besetzung von Krim und Donbas, flehentlich die Ukraine.

Zu dieser politischen Schwerhörigkeit passend zitiert Harris einen fiktiven amerikanischen Russlandforscher namens Adelmann. Beschrieben wird Moskau: „Leuchtreklame schwebte über der Stadt wie die Standarten einer Invasionsarmee. Philips, Marlboro, Sony, Mercedes-Benz. Nirgendwo war ein russisches Wort zu sehen. Adelmann: „Das ist der Sieg, den wir vor uns sehen, mein Freund. Der totale Sieg. Von hier aus führt kein Weg zurück.“ Ein Irrtum, dem jener Adelmann keineswegs allein aufsaß. Und eine Arroganz dazu, die Putin die Zustimmung seiner Landsleute zu seinem Handeln vergrößert haben dürfte. Der Roman wurde, daran sei nochmals erinnert, 1998 veröffentlicht.

Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

Ist jemand Ideologe, weil er nicht gesetzwidrig Schulden machen will?Vorträge im Club: 70:20:10

08 Nov
8. November 2024

Nr. 322/November 2024
Guten Tag
Christian Lindner ist ein Ideologe, weil er sich geweigert hat, die gesetzlich verankerte Sicherung vor einem Übermaß an Schulden, genannt Schuldenbremse, zu umgehen. Als ob im Bundeshaushalt, jedem Bundeshaushalt der letzten Jahre, nicht Jahr für Jahr mehr Ausgaben als Einnahmen eingeplant waren und ausgeglichen wurden durch Kreditaufnahme. Also Schulden. Um wie viel Geld ging es eigentlich und was hätte das Bundesverfassungsgericht dazu gesagt? Die Idee, dass als notwendig erachtete Geld durch Umschichtungen zu erwirtschaften, galt bei den übrigen Ampelpartnern als abwegig. Die Vorstellung, dass an den Personalkosten gespart wird (VW als Beispiel), ist im öffentlichen Dienst jenseits des Vorstellbaren. Warum eigentlich? Wenn man doch wenigstens mal beschließen würde, dass nur eingestellt werden kann, wenn jemand ausscheidet, wäre schon viel gewonnen. So wie man erst in ein überfülltes Parkhaus fahren kann, wenn jemand herausfährt.
Kurzum: Christian Lindners Haltung verdient Respekt.

Anbei ein Beitrag zum Thema Vorträge im Club aus dem Rotary Magazin November 2024
Mi besten Grüßen
Henning v. Vieregge

Nächste Termine und Vorhaben

21 Okt
21. Oktober 2024

321/Oktober 2024
Guten Tag,
Ich bin aktiv bei der Mainzer Buchmesse.
Akademie der Wissenschaften und der Literatur
Geschwister-Scholl-Str. 2, 55131 Mainz
SA, 2. 11. 2024, 11-18 Uhr, und SO, 3.11.2024, 10-17 Uhr
Info: https://mainz.de/kultur-und-wissenschaft/literatur/buechermesse/mainzer-buechermesse.php

Angela und ich lesen am Samstag um 12:00 Uhr aus dem Buch „Unter der Glückshaube-Wie ich erwachsen wurde“. Wir haben auch einen Stand, sind also Samstag/Sonntag mit meinen Publikationen dort. Sind gespannt.

Dann gibt es in den kommenden Tagen noch ein Seminar an der Volkshochschule Mainz rund um die Glückshaube. Termine sind 29. Oktober, 5. November und 12. November jeweils von 18:15 bis 19:45 Uhr im Haus der Volkshochschule. Am 5. November ist die Autorin Brigitte Wonneberger („“Sophie streikt!“) dabei. Dann geht es um das Thema Lehrer und Schule, damals und heute. Noch ist es möglich, sich zum Seminar anzumelden. Https://www.vhs-mainz.de/

Rheinhessen liest“, in dieser Reihe bin ich in diesem Jahr am Donnerstag dem 14. November 19:00 Uhr in Bingen dabei. https://www.kvhs-mainz-bingen.de/programm/rheinhessen-liest

Gerade arbeite ich an zwei Publikationen.

Aus den 350 Seiten der Glückshaube werden in einer gekürzten und überarbeiteten Fassung 280. Neuer Titel „Generation Glückshaube – Ein Achtundsechziger wird erwachsen.“ Die Einleitung des Neu-Historikers Wolfram Pyta (Universität Stuttgart) nimmt sich den Generationen-Begriff vor. Pyta stützt den Ansatz, die Achtundsechziger-Generation als eine Generation Glückshaube zu charakterisieren.

Zweitens erfährt der Longseller „Neustart mit 60 – Anstiftung zum dynamischen Ruhestand“nicht nur eine Überarbeitung – die 3. Aufl. ist aus 2018 –, sondern eine gewichtige Erweiterung. Ich habe Generationsgenossen, genauer: die Jahrgänge 1944-55, mittels umfangreichem Fragebogen nach ihren Erfahrungen und Ausblicken befragt. 23 auswertbare Fragebögen liegen vor. Damit wird das Buch, das unter dem neuen Titel „Abendleuchten unter der Glückshaube – Wenn Babyboomer 60 und Achtundsechziger 80 werden“singulär auf dem Buchmarkt sein. Denn es richtet sich erfahrungsgestützt an zwei Jahrgänge, die landläufig als die Älteren und die Alten bezeichnet werden. Auch diese Publikation bleibt ihrem Anspruch treu: Es werden keine Ratschläge erteilt, sondern Impulse gesetzt.

Mit besten Grüßen
Henning von Vieregge

Wann wird Deutschland endlich ein Einwanderungsland, das diesen Namen verdient?

24 Aug
24. August 2024

320/August 2024

Guten Tag, wie kann man die ungeregelte Einwanderung zurückdrängen und die geregelte Einwanderung hochfahren? Politisch ist beides erwünscht. Denn was seit langem absehbar war, ist nun eingetreten: Ausbildungsplätze bleiben leer, allenthalben werden Fachkräfte gesucht, der lange vorhersehbare demographische Wandel hat eingesetzt. Die stärkste Generation nach dem Krieg, der Jahrgang 64, ist in diesem Jahr 60 Jahre alt geworden und wird in den nächsten Jahren den Arbeitsmangel noch vergrößern und gleichzeitig die Finanzierung der Sozialsysteme schwieriger machen.
Wir brauchen nicht mehr Menschen, die Bürgergeld beziehen, sondern mehr Menschen, die arbeiten wollen, gebraucht werden und aufsteigen wollen. Diese Menschen gibt es weltweit, aber wenn man von Amts wegen die Zweispurigkeit der Zugangsthematik nicht nach der gewollten Seite hin konsequent und handlungsstark offen ist, wird Deutschland kein Einwanderungsland. Ein echtes Einwanderungsland hat Zugangskriterien gesellschaftlicher und ökonomischer Art und hat eine Willkommenskultur, die von den staatlichen Instanzen und der Zivilgesellschaft getragen wird. Davon sind wir in den staatlichen Organen weit entfernt.
Das Thema beginnt schon bei Deutschen im Ausland. Man muss nur deren Erfahrungsberichte mit Botschaften und Konsulaten hören, da ist man fassungslos, zumal wenn der Vergleich mit annderen Nationen zeigt, was alles überflüssig und schlecht organisiert ist . Der bürokratische Aufwand trifft nicht nur den Bürger, sondern auch die Bürokratie selber, die sich stracks als unterbezahlt und überbeschäftigt darstellt. „Unterbezahlt“ ist eine Frechheit, die Diskussionen um die etrem unterschiedlichen Altersbezüge zwischen öffentlichem Dienst und dem Rest der Bevölkerung wird noch kommen. Und „überbeschäftigt“ ist unnötig. Bei richtiger Organisation wären die meisten Ämter mindestens zu 25 Prozent überbesetzt, wie alle Studien zeigen. Die Frage, mit welchem Eigeninteresse der Bürokraten die wuchernde Bürokratisierung gestoppt werden könnte, sollte unsere klügsten Köpfe beschäftigen.

Mit besten Grüßen
Henning von Vieregge

Schwerverbrecher in die Gefängnisse des Heimatlandes schicken

24 Aug
24. August 2024

321/August 2024

Guten Tag,
Die Diskussion liegt auf Wiedervorlage. Immer wenn auf der Asylbrücke Eingewanderte ein schweres Verbrechen begehen, wie bei zuletzt in Mannheim , wird von Parteien gefordert, Schwerverbrecher in ihre Heimatländer zu schicken. Andere Parteien (immer die gleichen) weisen umgehend darauf hin, das gehe so nicht. Beim Messermord in Solingen gestern werden wir, wenn sich die Annahme , es handele sich um einen Arabischstämmigen, bewahrheitet,nach dessen Festnahme das Gleiche hören. Ergebnis: Der Vorgang wird wieder zu den Akten gelegt. Die Presseerklärungen der Entrüstung und der Beschwichtigung können bei nächster Gelegenheit wieder hervorgeholt werden. Warum folgt man nicht dem Ratschlag eines der besten Afghanenkenner der Praxis, dem deutschen Arzt Reinhard Erös (Kinderhilfe Afghanistan)? Er schlägt vor, die schwer strafbar Gewordenen nach Verurteilung in ihre Heimatländer zu schicken und diesen einen Betrag für die Unterbringung in den dortigen Gefängnissen zu geben. Damit käme man auch der gebetsmühlenartig wiederholten Warnung der Innenministerin, man dürfe solche Straftaten nicht allen Muslimen anlasten, entgegen. Denn wenn schwere Straftaten konsequent die Ausweisung zur Folge hätten, würde es der hiesigen Bevölkerung leichter fallen, die Eingewanderten willkommen zu heißen. Integration braucht nicht nur den guten Willen der Geflüchteten, sondern auch der Alteingesessenen. Eine ähnliche Argumentation bietet sich im Fall der ukrainischen Flüchtlinge an. Hier ist mit dem Politologen Herfried Münkler zu fragen, warum Deserteure hierzulande Bürgergeld bekommen , während ihre Generationsgenossen im Kampf gegen die russischen Invasoren Leib und Seele riskieren? Auch in diesem Fall wäre in der deutschen Bevölkerung die Zuwendung den Geflüchteten gegenüber größer, wenn man sehen könnte, dass unsere politische Führung Handlungsstärke beweist – auch gegen Widerstände, Bedenken und Einsprüche.

Mit besten Grüßen
Henning von Vieregge

„Frauen, gebt Euch einen Ruck!“

06 Aug
6. August 2024

318/August 2024
Guten Tag,
der Einfachheit nehme ich den Vorspann zum Beitrag.Zumal ich hoffe, dass er neugierig macht auf den ganzen Beitrag. Ich bin der Redaktion des Verbändereports dankbar, dass ich diese Interviews führen kann. In diesem Fall kam der inhaltliche Vorschlag von den Interviewten.

Evelyne de Gruyter vom Verband der Unternehmerinnen in Deutschland und
Franziska Teubert vom Startup-Verband wünschen sich mehr Frauen an der Spitze
von Wirtschaftsverbänden. Die beiden Geschäftsführerinnen sind sich einig: Verbände
sollten in der Führung von Ehren- und Hauptamt weiblicher und diverser sein. Und sie
sollten sich bei gemeinsamen Anliegen stärker zu Netzwerken zusammenschließen.
Warum eigentlich? Henning von Vieregge hat nachgefragt.und
Franziska Teubert vom Startup-Verband wünschen sich mehr Frauen an der Spitze
von Wirtschaftsverbänden. Die beiden Geschäftsführerinnen sind sich einig: Verbände
sollten in der Führung von Ehren- und Hauptamt weiblicher und diverser sein. Und sie
sollten sich bei gemeinsamen Anliegen stärker zu Netzwerken zusammenschließen.
Warum eigentlich? Henning von Vieregge hat nachgefragt.

Verbändereport Interview 3-2024 de Gruyter,Teubert

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