Anmerkungen zum Welt-Polio-Tag, Rotarys Beitrag, Ende offen?

22 Okt
22. Oktober 2020

Blog 242, Oktober 2020
Guten Tag,
am Samstag ist der Welt Polio Tag. Dann wird wieder einmal ein Fazit gezogen. Es geht wieder um die Frage, wann die große Anstrengung, Kinderlähmung definitiv weltweit zu besiegen, erfolgreich sein wird. Man steht seit Jahren kurz davor. Nun ist von 2023 die Rede. Es ist fraglich, ob dieses Ziel erreicht werden kann.
Wir wissen, dass das Polioprojekt herausragend zur weltweiten Anerkennung von Rotary beiträgt. Als es gestartet wurde, war das Ziel, eine Geißel der Menschheit auszurotten, ein überaus kühnes Unterfangen. 1985 hatte Rotary International beschlossen, sich dieses Themas anzunehmen. 30 Jahre vorher hatte Jonas Salk erste erfolgreiche Impfungen durchgeführt. 1960 kam mit der Entwicklung der Schluckimpfung durch Albert Sabin, ebenfalls Amerikaner, ebenfalls Jude, ebenfalls aus Osteuropa stammend, endgültig der medizinische Durchbruch.
Das Projekt gewann 1988 mit der Gründung der Global Polio Eradication Initiative (GPEI), als sich die Weltgesundheitsorganisation, das Kinderhilfswerk und andere Organisationen der Initiative von Rotary anschlossen, endgültig an Durchschlagskraft, nochmals verstärkt in 2009, als die Bill und Melinda Gates Foundation einstieg.
Am Anfang gab es in 125 Ländern pro Jahr 350 Tausend neue Infektionen, heute ist nur noch die Bevölkerung in Teilen von Afghanistan und Pakistan von Kinderlähmung bedroht. Der optimistischen Aussage in einer Rotary Veröffentlichung, dass 2023 die Kinderlähmung nach den Pocken die zweite Krankheit sein wird, die vom Erdboden verschwunden ist, steht ein dreifacher Zweifel entgegen: Zum einen weiß man, dass auf einen erkannten Fall hunderte Virusträger ohne Symptome, die das Virus aber weitergeben können, kommen. Die Unterbrechung dieser Ansteckungsketten bleibt schwierig. Zweitens treten Mutationen des Lebend-Impfstoffs auf, der für Schluckimpfungen verwendet wird. Diese Mutationen können Polioinfektionen dort auslösen, wo das notwendige Impfniveau von 95 % der Bevölkerung nicht erreicht ist. Und drittens wissen wir nicht, welche Folgen die durch die Covid 19 bedingte Unterbrechung der Polioimpfungen haben wird.
Aus allem folgt: Der Kampf gegen Polio geht weiter.

Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

Sieben (unsortierte) Ergänzungen nach einer Konferenz zum Welt-Polio-Tag
Mir ist eben in der Konferenz über Polio deutlich geworden, dass wir neben den immer wieder genannten beteiligten Organisationen auch ruhig mal die Rolle von Deutschland nennen können, die mit jährlich 35 Millionen sich an der Kampagne beteiligen. Denn das bedeutet doch, dass Ministerien und Parlamente sich von der Sinnhaftigkeit dieser Aktion überzeugt haben. Zweitens geschieht die Polio-Kampagne  in  öffentlich-privater Partnerschaft, der ersten weltweit im Gesundheitssystem und Vorbild für weitere Kampagnen. Und drittens sollten wir, um uns und anderen ein Gefühl für die Komplexität der Aufgabe zu vermitteln,  uns das Argument zu eigen machen, dass es in der Perspektive darauf ankommt, aus einer Krankheitsbekämpfung zu einer Gesundheitsstärkung im jeweiligen Land zu kommen und die Länder viertens in die Lage zu versetzen, diesen Weg aus eigener Kraft weiter zu gehen.Fünftens habe ich gelernt, dass im Problemland Afghanistan die Taliban, die ja mittlerweile die Hälfte des Landes besetzen, keine prinzipiellen Gegner der Impfung sind; sie waren , als sie die Herrschaft im ganzen Land hatten, schon Unterstützer oder mindestens Dulder. Erleichtert würde in Pakistan und Afghanistan , wie eine Teilnehmerin aus Pakistan berichtete, die Akzeptanz, wenn der Impfstoff im Land produziert würde. Und schließlich siebtens laufen die deutschen rotarischen Spendengelder nicht in einen großen weltweiten Topf, sondern über RDG Düsseldorf in ausgewählte und somit überprüfbare Regionen und Projekte direkt. Ich werde anregen, dass der letzte Punkt vom Rotary Magazin aufgegriffen wird und wir dazu Genaueres lesen.

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