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Brief 42/2013: Alter und Demenz sind keine Krankheiten. Aber zur Zivilität für alle fehlt Vieles, besonders im 4. Lebensalter: Reimer Gronemeyers Einsichten.

10 Apr
10. April 2013

Ist Demenz keine Krankheit?

Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist lohnend, sich mit dem Denken des Gießener Soziologen und Theologen Reimer Gronemeyer zu beschäftigen. Hier eine Rezension seines letzten Buches  „Das 4. Lebensalter. Demenz ist keine Krankheit“ und ein Interview, das ich im Herbst 2011 mit ihm für mein Buch „Der Ruhestand kommt später“ geführt habe. Als ich mit das Manuskript eigentlich schon abgeschlossen hatte, hatte ich das Bedürfnis, das Fazit mit einigen klugen Menschen zu diskutieren. Wer sich wie ich mit Begeisterung auf die Beschreibungen des historisch neuen und überaus attraktiven Dritten Lebensalters wirft, dem kommt dann doch die Frage: Und dann? Ist das, was dann kommt, nur verdrängter Stoff? Und was machen wir dann mit der Zivilgesellschaft, beginnt dann die Ausgrenzung? Wird die alte Misere nur etwas nach hinten gerückt und trifft dann um so härter? (mindestens diejenigen unter uns, die sich bei den Oster-Verheißungen vom ewigen Leben nach dem besiegten Tod nicht wirklich angesprochen fühlen)

Ich wünsche anregende Lektüre
Henning von Vieregge

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Brief 41/2013: „ZEHN JAHRE IN DER ERSTEN REIHE SIND GENUG“ Beitrag

20 Mrz
20. März 2013

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Personal-Rotation in Verbänden

Ein englischer Kollege als Debattenauslöser?

Guten Tag,

2011 verließ Hauptgeschäftsführer Hamish Pringle den englischen Werbeagenturen-Verband IPA. Er war ein ungemein erfolgreicher Kollege. Warum ging er im zehnten Jahr?

Ich bat ihn vor kurzem um Auskunft und erhielt eine schriftliche Darlegung, auf die ich mich im Folgenden beziehe.

Download PDF „ZEHN JAHRE IN DER ERSTEN REIHE SIND GENUG“

Download PDF „TEN YEARS AT THE TOP IS ENOUGH“

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Brief 40/2013 Beitrag Encore Career und Interview Fuchs VDI

20 Feb
20. Februar 2013

 

Encore Career

 und die Ansichten des Willi Fuchs, VDI

Guten Tag!

Was unterscheidet einen Verband des Jahres von einem gewöhnlichen Verband? VDI-Direktor Willi Fuchs hat mir das erklärt. Das Interview ist im VerbändeReport 9/2012 erschienen und kann hier nachgelesen werden. Das ist Pflichtlektüre für Verbandsmanager auf der Suche nach Verbesserungsideen.

Verbändereport VDI Fuchs

Wer jetzt zwischen 40 und 50 ist, sollte anfangen, sich Gedanken über eine etwaige zweite Karriere zu machen. In den USA spricht man von Encore Career und bezieht unbezahltes Arbeiten mit ein. Dazu habe ich in der reputierlichen ApuZ (Beilage zur Wochenzeitschrift Das Parlament Nr 4/5/ 2013 ) geschrieben und empfehle den Beitrag zum Lesen.

Encore Career: Von der Ausnahme zur Normalität

Die Schlussfolgerungen sind individuell.
Die Generali Altersstudie 2013 schätzt , dass Zeit im Umfang von umgerechnet mehr als einer halben Million Vollzeitstellen allein unter den 65 bis 85 Jährigen gern unbezahlt etwas tun möchte, aber -aus welchen Gründen auch immer- nicht in die Puschen kommt. Das ist ärgerlich für den Betreffenden und die Gesellschaft. Wir brauchen Euch!, heißt das lesenswerte Buch von Loring Sittler und Roland Krüger, das ich rezensiert habe. Ebenso die Altersstudie. Wenn Bücher helfen, Handeln zu beeinflussen: hier sind sie.

Mit herzlichem Gruß
Henning von Vieregge

Brief 39/2013 Schreibzimmer für Jungautoren im Frankfurter Literaturhaus

28 Jan
28. Januar 2013

Liebe Leserin, lieber Leser

Wenn Sie eine garantiert spannende Lesung junger Schriftstellerinnen und Schriftleser erleben wollen, notieren Sie sich den 19. Februar 2013, 19.30 h (Uhrzeit nochmals überprüfen) Literaturhaus Frankfurt. Da wird vorgelesen, was im Projekt Schreibzimmer entstanden ist. Über dieses Projekt lesen Sie unten stehend. Wenn Sie weiter lesen, kommen Sie an mein Vorwort zur Dokumentation der Texte, die am 19. 2. verkauft wird. Vielleicht macht es Sie noch neugieriger.

Mit herzlichen Grüßen

Henning von Vieregge

Was ist das Schreibzimmer?

Eine Schreibwerkstatt für Jungautoren. Jedes Jahr kommen im Literaturhaus schreibbegeisterte Jugendliche zusammen, um unter professioneller Leitung und unter Gleichgesinnten literarisches Schreiben zu erkunden und an eigenen Texten arbeiten. Gearbeitet wird in zwei Gruppen, einmal Prosa, einmal Lyrik. Die Werkstattleiter wechseln, sind aber immer Schriftsteller. Am Ende gibt es nicht nur eine Anthologie mit Lyrik und Prosa aus dem Schreibzimmer, sondern auch eine öffentliche Abschlusslesung im Literaturhaus. Ehemalige des Schreibzimmers treffen sich weiter im Jungautorenkollektiv sexyunderground.

Was kostet der Spaß?

Nichts! Die Teilnahme ist kostenlos. Einzige Einschränkung: Wer nicht aus Frankfurt kommt, muss sich selbst um Anreise und Unterkunft kümmern.

Wer kann teilnehmen?

Alle Schreibenden zwischen 14 und 18 Jahren (bis 2010 für 16-19-Jährige). Für die Teilnahme ist eine einfache Bewerbung mit kurzen Textproben notwendig. Wer nicht aus Frankfurt oder Umgebung kommt, sollte eine Unterkunft in Frankfurt haben.

Wann findet was statt?

Im Juli bzw. August wird das Schreibzimmer ausgeschrieben. An drei Wochenenden im Herbst trifft sich dann das Schreibzimmer im Literaturhaus. Die öffentliche Abschlusslesung findet am Dienstag, 19.Februar im Literaturhaus Frankfurt, Schöne Aussicht2, 60311 Frankfurt, 19.30 Uhr statt.

Vorwort

Ein Hammer-Zitat als Einstieg über das, was Kunst, also auch Schreibkunst, wie sie hier auf den folgenden Seiten zu lesen ist, ist und kann:

„ Menschen brauchen Referenzräume, die Phänomene erklären, Perspektivwechsel erklären, Sinn stiften oder den Himmel aufreißen für Visionen. Das kann Kunst“

Das schrieb kürzlich der Vorstand der Herbert-Quandt-Stiftung, Dr. Christoph Eichert, seinerseits als Vorwortschreiber einer Broschüre der Stiftung zur zentralen Rolle der Kultur im Bemühen Mecklenburg-Vorpommerns, Menschen in diese Region zu bringen und sie dort zu binden. Hier geht es auch um bringen und binden: Junge Menschen, die gern Prosa oder Lyrik schreiben, sollen in ihrem Tun durch fordernde Förderung ermutigt werden, damit sie bei uns das bewirken, was im Eingangszitat der Kunst zugetraut wird. Treiber vom Schreiben-Wollen kann Generativität sein, also der Wunsch, dass von einem etwas bleibt. Natürlich gibt es auch andere Treiber. Kreativität, die sich in Worten Bahn bricht, ist ein anderer. Die Bereitschaft, aber auch die Freude an der Anstrengung gehören ebenfalls dazu, vergleichbar mit der Bergsteigerin, die sich ein Ziel setzt und es am Ende einer großen Mühe erklimmt. An die Grenzen zu gehen, vielleicht sogar über die bisher für einen selbst gültigen hinaus, das schafft jenes Gefühl, das man Flow nennt, ein strömendes Glück. Das Schreibzimmer ist als Prozess mit Trainer, Kollegen und knappem Zeitbudget bis zur Fertigstellung, angelegt. Es gibt Kritikschleifen und den öffentlichen Vortrag und nun das gedruckte Wort, das überdauert. Auch das alles sind nicht für jede und jeden kleine Hürden.

Insgesamt hat dieses Projekt wie jedes Engagement fünf verschiedene Wirkungsebenen. Ich will sie in Form von Fragen benennen:

  1. Was macht das Texten mit mir?
  2. Was ist die Wirkung beim Rezipienten?
  3. Verändert das Projekt Schreibzimmer die Institution Literaturhaus?
  4. Entfaltet das Projekt Wirkung in den nachbarschaftlichen Raum hinein? (Zum Beispiel: Verändert er meine Schule, meinen Lehrer, mein Frankfurt, die Sponsoren etc.)
  5. So wenig ein einziges Projekt den Weltlauf ändern kann, geht es in die richtige Richtung?
  1. Zu 1) werden die Teilnehmer ihre individuellen Schlüsse ziehen. Wer weiter schreiben will, kann dies tun. Das Wunderbare an der rasanten technischen Entwicklung der letzten Jahre ist, dass jede und jeder für kleines Geld die eigenen Texte publizieren kann. Und wenn, wie in den Vorjahren immer mal wieder geschehen, die Teams in Fühlung bleiben: umso besser.
  2. Zu 2) können wir nur spekulieren,
  3. zu 3) äußert sich der Chef des Literaturhauses und
  4. zu 4) kann ich aus Sicht der beteiligten Rotaryclubs festhalten: Wir sind sehr stolz darauf, die Idee zu diesem Wettbewerb gehabt zu haben. Das ist gleichzeitig die Antwort auf die Frage
  5. unter 5): Kreatives kulturelles Arbeiten kommt an den Schulen zu kurz. Wenn an den Schulen geändert wird –und das geschieht oft und stets bundesweit unabgestimmt, am liebsten gegenläufig- führt dies leider nicht zum Ausbau der kreativen Anteile im Schulangebot, eher zum Abbau. Die Lobby für Fächer wie Musik und Kunst und kreative Räume in anderen Fächern ist zu schwach. Selbstkritisch, sofern Wirtschaftsangehörige betroffen sind, müssen wir konstatieren, dass wir uns nicht dagegen wehren, wenn die Repräsentanten der Wirtschaft sich in ihren Forderungen genau wie offenbar alle anderen eher an überprüfbaren Leistungen orientieren. Sollten wir nicht aus diesem Projekt lernen und mithelfen, Schule mehr Räume für kreatives, kunstsinniges Arbeiten zu öffnen?

Der Dank geht an alle Beteiligten.

Dr. Henning von Vieregge (RC Alte Oper Frankfurt) für die beteiligten Frankfurter Rotary Clubs

Brief 38/2012 2017, Die neue Reformation von Fabian Vogt

17 Dez
17. Dezember 2012

Hat Glauben noch revolutionäre Kraft?

2017, Die neue Reformation von Fabian Vogt, Adeo Verlag, Asslar 2012

Die Neue Reformation

Guten Tag,

im neuen Jahr soll alles besser werden, das ist doch klar. Aber wie macht man die Kirche besser? Fabian Vogt, Pfarrer, Liedermacher, eine Säule von Duo Camillo und Geschichtenerzähler,  weiß, wie. Und er hat seine Empfehlungen in einen Roman verpackt. Paulus, Luther und ein junger Vikar sind dabei. Lesen Sie dazu meine Rezension:

Leseprobe: Die neue Reformation von Fabian Vogt

Liebe Leserin, lieber Leser,
Vorhersagbar ist Folgendes: Am 7. Juni 2015, einem Sonntag, wird es bei der Rückfahrt vom Stuttgarter Kirchentag garantiert Dialoge geben, die in etwa so gehen:

  • „Und? Was nun? Schließen wir nun auch einen Bund zur Erneuerung unserer Kirche oder fehlt Euch der Mumm?“
  • „Wer macht den ‚Christian‘?“
  • „Haben wir einen ‚Matze‘? Wo ist ‚Friederike‘?“

Wer dann ratlos guckt, hat echt was verpasst: Er/Sie hat den (bis dahin mit Sicherheit viel diskutierten) Roman von Fabian Vogt „2017 – Die neue Reformation“ nicht gelesen. Sonst würde er Christian von Haewen, Jahrgang 1990, seine Freundin Friederike und seinen kongenialen Partner Matze kennen, die just bei dieser Rückfahrt vom Kirchentag beschlossen haben, ihr Gemeindeleben so umzumodeln, dass immer Kirchentag ist: eine Kirche, die Freude macht und nicht langweilt. 2017 kam dann nach zweijähriger Reformerfolglosigkeit der überraschende Durchbruch mit 95 Thesen zur Erneuerung der Kirche, ganz im Stile Martin Luthers ein halbes Jahrtausend zuvor. Frisch, fromm, fröhlich, frei gingen die jungen Leute ans Werk, den durchschlagenden Erfolg besorgten dieses Mal nicht Cranach und Gutenberg, sondern Matze und Faithbook. Nun: Wer es wagt, im Inhalt zu fromm und in der Form zu frech zu sein, riskiert es, seine Kirchenoberen zu verprellen und am Ende, so ergeht es dem Jungreformator Christian von Haewen, durchaus zunächst gegen seinen Willen und zu seiner Verwunderung, aus der Erneuerung eine Neugründung zu machen, aus der Evolution eine Revolution. Aber das alles wäre bestenfalls Stoff für ein nettes „Christenträumerbuch“ geworden, ein „Was-man-alles-tun-könnte-wenn-man-es-denn-täte-Buch“.

Fabian Vogt aber bringt Spannung und Tiefgang in sein Thema durch Zeit- und Ortverschiebung: Das Buch spielt im Jahr 2042 überwiegend in Griechenland. Wir sind im 25. Jahr nach Gründung der „Lebendigen Kirche“ (LK). Der Reformator soll zu diesem Anlass eine Rede halten und ist komplett ratlos. War sein Werk gut? War es Gottes Wille? Er reist zu seinem alten Freund und Lehrer Gregor, den Lebenswirren an die türkische Küste verschlagen haben. Das Fischerdorf Dalyan liegt neben dem Ausgrabungsort Alexandria Troas , und, bibelfesten Lesern dämmert es, das ist genau dort, wo den Apostel Paulus Jammer und Zweifel ob der scheinbaren Erfolglosigkeit seiner Missionsarbeit packten. Bis er Gottes Ruf vernahm, er solle übersetzen nach Mazedonien und dort, auf dem europäischen Festland, sein Werk fortsetzen. „ Da wollen wir jetzt auch hin“, sagte der eine Zweifel- Zausel zum anderen Zweifel- Zausel, Christian zu Gregor, zweitausend Jahre später. Und der besorgt schließlich bei der attraktiven Türkin Nilgül ein Boot, und schon haben wir den schönen Start einer Liebesgeschichte. Denn Nilgül bleibt dran. Und dann gibt noch jemanden, einen, der Christian nach dem Leben trachtet, während die kleine Reisegruppe im heutigen Kavela, damals Neapolis, landet und sich auf den langen Weg nach Korinth macht, so wie vordem Paulus auch. Der kluge Gregor beschreibt die Reise so, dass wir am liebsten die Koffer packen und nachreisen möchten, während Reformator Christian der neugierigen Nilgül die 25 Jahre Geschichte seiner Kirche im Schnelldurchgang erzählt. Mit dem intelligenten und kurzweilig zu lesenden Einsatz verschiedener Stilmittel übrigens: vom Protokoll einer Besprechung zwischen Oberkirchenräten und dem aufmüpfigen Vikar Christian, über ein Günter Jauch-Interview mit dem jungen Kirchengründer, einer Präsentation einer soziologischen Dissertation über die neue Bewegung, bis zu einem mokanten SPIEGEL Artikel lernen wir die „Lebendige Kirche“ von allen Seiten kennen, durch Erfolge und Krisen.

Wird der Reformator überleben? Wird er sich zur Liebe mit Nilgül bekennen? Und vor allem: Was lernt er auf dieser Paulus-Reise für seine Zwischenbilanz zur neuen Kirche? Wir verraten hier das Ende des Romans nicht. Nur so viel: Der theologische Paulus-Fan kommt ebenso wie der Kirchenverzweifelte auf seine Lese-Kosten. Aber auch alle jene, die Gott auf ihrer persönlichen Agenda überhaupt nicht mehr stehen haben oder auch jene, die Lust auf eine spannende Geschichte haben von einem, der auszog, die Welt ein bisschen lebenswerter zu machen: Ihnen allen ist „2017“mit Nachdruck zu empfehlen. Fabian Vogt, dem Theologen, Kabarettisten („Duo Camillo“) und Künstler, ist ein großes Buch gelungen. Es sollte im Vorfeld von 2017 an möglichst vielen Orten öffentlich gelesen werden. Martin Luther hätte seine Freude dran.

Mit herzlichen Grüßen
Henning von Vieregge

Brief 37/2012 15 Thesen zum Silver Patchwork-Life

07 Dez
7. Dezember 2012

Was Hörer zum Ruhestand interessiert,15 Thesen zum Silver Patchwork-Life, Langsam, leise und respektvoll

LLR – eine Formel für die Zivilgesellschaft

Geschenketipp: Mein Buch jetzt auch elektronisch

Liebe Leserin, lieber Leser,
Die IGS Landau hat ihr Leitbild auf drei Begriffe gebracht, nach denen das Zusammenleben in der Schule gestaltet werden soll: LLR. LLR steht für langsam, leise und respektvoll.

Eine Sendung des SWR 2 Reihe Tandem hatte diese Qualität. Es ging am 29.11. 2012 um das Thema „Engagement Älterer“. Ich war der eingeladene Experte, Hörer konnten anrufen. Nimmt man noch das am Morgen gesendete Feature (auch abrufbar) „Unruhestand“ dazu, kann man nur feststellen: So kann öffentlich-rechtliches Radio sein.

Audio: SWR2 Tandem „Was kann ich Sinnvolles im Ruhestand tun“

Nochmals zur LLR-Formel: Die könnte auch als Ratschlag bei Übergängen stehen: Nimm Dir Zeit, sowohl für die Trauer, den Blick rückwärts, auch für die Suche nach dem, was an die Stelle des Verlorenen tritt. Gewöhne Dich daran, dass Du, wenn Du aus Deiner Arbeit ausscheidest, in Zukunft leiser wahrgenommen wirst; mache eine Tugend daraus. Und schließlich: Gehe mit Dir respektvoll um. Und natürlich auch mit Deinen Nächsten. Sie rücken nun näher, das ist auch für geübte Beziehungen eine Herausforderung.

Was man sonst noch für den Übergang aus der Vollbeschäftigung in den Übergangszustand, der zumeist mit dem Verlegenheitsbegriff „Unruhestand“ bezeichnet wird, feststellen kann, habe ich neulich für eine Tagung in Mainz in 15 Thesen aufgeschrieben. Sie sind Destillat aus meinem Buch „Der Ruhestand kommt später“. Das liegt übrigens bei Amazon jetzt auch in elektronischer Fassung vor.

Hiermit möchte die 15 Thesen zur Diskussion stellen:

  1. Die Zuschreibung „verdienter Ruhestand“ verliert an Attraktivität. Wer sie verwendet, gerät in den Verdacht, sich einer antiquierten Tröstungsformel zu bedienen, deren wahre Botschaft lautet, der Angesprochene solle aus der Arbeit gehen und sich nicht mehr einzumischen.
  2. Die Erkenntnisse der Alternsforschung („Körperliche, geistige und soziale Beweglichkeit halten fit.“) erreichen die Betroffenen und bestimmen deren Handeln; das historische Neue – Stichwort Drittes Lebensalter- wird erkannt und bestimmt das Handeln.
  3. Der pure Ruheständler verliert an Prestige. Je mehr sogenannte Ruheständler etwas tun, bezahlt und/oder unbezahlt, je mehr fällt der auf, der nichts tut. Was gestern Mainstream war, ist morgen Randerscheinung.
  4. Der Wunsch, weiter tätig bleiben, breitet sich aus. In den USA spricht man von Encore Career. Aber: Die Zweit-Karriere soll sich von der ersten unterscheiden. Sie soll sinnvoll sein. Sie soll nicht durch den Tunnelblick, der nach häufiger Selbsteinschätzung notwendige Konsequenz einer erfolgreichen Berufsausübung war, bestimmt sein.
  5. Ich nenne dieses Konzept „Silver Patchwork-Life“. Bezogen auf Arbeit hat es bezahlte, teilbezahlte und unbezahlte Teile; Mix befruchtet, Work-Life Balance in Kommunikation.
  6. Der Arbeitsmarkt für Ältere („silver worker“) kommt in Bewegung und kann bewegt werden.
  7. Die Generation, die jetzt aus der Vollbeschäftigung ausscheidet, ist geschichtsverwöhnt; ihr berufliches Leben war bruchlos erfolgreich. Sie ist somit in besonderer Weise für eine Encore Career geeignet , tut sich aber praktisch oft erstaunlich schwer; direkte Ansprache, Ermutigung und Übergangstraining sind hilfreich.
  8. Verabschiedungen klappen meistens, Abschiede selten. Übergangsschmerzen (Ab- und Umrüstaufgaben) sind zumeist unvermeidlich. Die Bindung an das Leben lockert sich durch den Wegfall des Sinngebers Bezahlarbeit. Es fehlt nun an Stimmigkeit. Erst wenn die Bindung neu begründet ist, ist der verletzbar machende Unruhestand überwunden.
  9. Statusängste sind für viele Arbeitnehmer im Übergang bedrängender als materielle Sorgen und die Furcht, im nun selbstorganisierten Alltag zu scheitern. Der Arbeitsverlust ist als Schmerz über Beziehungs- und Zuwendungsverluste fühlbar. Das Thema ist aber tabubehaftet.
  10. Den Unruhestand kann man unterdrücken („Es hat sich eigentlich nichts geändert“) oder zulassen. Im zweiten Fall führt bei positivem Verlauf die Integration des Neuen in eine nach einem Veränderungsprozess gefundene neue Struktur; das braucht Zeit.
  11. Empathie und Generativität sind wichtige Treiber des Lebens. Das Menschenbild des homo oeconomicus gerät immer stärker in empirisch fundierte Zweifel. Es gibt „philanthropische Impulse“ (Strachwitz), neben dem privat und beruflich bestimmten Leben auch ein philanthropisches, mit schwimmenden Grenzen zum familialen.
  12. Das Konzept „Gewonnene Jahre, gewonnene Lebensqualität“ muss formuliert, gewollt und dann erstritten werden. Es schließt in seiner Botschaft von der Balance zwischen privatem, beruflichem und philanthropischem Leben als Bedingung gelingenden Lebens die jüngeren Jahrgänge ein, setzt aber bei den Älteren an.
  13. Unternehmen bremsen durch Diversity Management für Unternehmen und Mitarbeiter  gleichermaßen unerwünschte Cooling Out Prozesse . Indem die Führung frühzeitig mit den Mitarbeitern Arbeits- und Lebensperspektiven auf den Prüfstand stellt, schaffen sie individuell ausgestaltete Übergänge, bei denen beide, Unternehmen und Mitarbeiter, gewinnen.
  14. Unternehmen nutzen die Chance, CSR- und Volunteering-Aktivitäten mit den Interessen von Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern zu verknüpfen. Dies stärkt die Arbeitsproduktivität und zudem die Reputation des Unternehmens als empfehlenswerter Arbeitgeber.
  15. Gute Planung einer dreifachen Karriere (privat, beruflich, philantropisch) sollte in der Lebensmitte (45-50) intensiviert werden. Es geht um Optionen wie breitere Aufstellung im Beruf und über die Berufsränder hinaus, die Mach- und Wünschbarkeit einer encore career und sinnerfülltes Leben bis zu seinem Ende. Es ist sinnvoll, sich auf ein langes Leben (Schlagzahl 100) einzustellen.

Quelle: Thesen beim 18. Symposium zur Betrieblichen Gesundheitsförderung „Altersgerechtes Arbeiten im Rahmen des demografischen Wandels“ AG Silver Patchwork-Life, Persönliche und betriebliche Konsequenzen aus einem neuen Lebenskonzept Mainz 29.11. 2012

Mit herzlichen Grüßen
Henning von Vieregge

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