Was ist das denn? Malu Dreyer besucht den Papst und fordert ihn auf, die deutschen Bischöfe aufzufordern, mehr Geld für Flüchtlinge zu geben

02 Dez
2. Dezember 2014

77/Dezember 2014

 

Guten Tag,

Leserbrief Rhein Main Presse ( unveröffentlicht)

Bezug „Dreyer bei Papst: Fonds für Syrer“ vom 11.11. 2014 S.6

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie die Zeitung berichtet, hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei einer Privataudienz Papst Franziskus um Unterstützung bei einer deutschen Verwaltungsvorschrift gebeten. Das war peinlich, überflüssig und vielleicht sogar kontraproduktiv. Warum? Es geht um eine Anordnung zum Aufenthaltsgesetz, den Nachzug syrischer Familienangehöriger betreffend, in Rheinland-Pfalz im August 2013 erlassen. In dieser Anordnung wird festgelegt, dass unter bestimmten Bedingungen eine Familiennachzug möglich ist. Zu den Bedingungen gehört, dass die nachziehenden Familienangehörigen zwei Jahre lang dem deutschen Staat nicht auf der Tasche liegen. Dafür sollen die syrischen Verwandten hierzulande aufkommen. Klar ist, dass die wenigsten Syrer die geforderten Summen aufbringen können. Da es vor allem um die hochgefährdeten Christen geht, hatte sich Frau Dreyer wohl gedacht, da könnte die katholische Kirche einspringen und der Papst könnte das bei den deutschen Bischöfen bewerkstelligen. Das passiert ja immer öfter, nun also auch beim Familiennachzug: Der Staat beschließt etwas und andere sollen  zahlen. Das ist eine Idee, die eine kritische Diskussion verdient: Rettung nach Geldbeutel?  Andererseits kann diese Regelung auch Ausgangspunkt für lokales bürgerschaftliches Engagement sein. Denn Bürgschaften sind notwendig, Wohnraum muss beschafft werden, Sprachunterricht organisiert und für die laufenden Ausgaben braucht man Spenden.

Unterstellen wir nicht, dass es  Malu Dreyer gar nicht ernsthaft um den Familiennachzug syrischer Christen geht. Aber sollte sie sich dann nicht erst einmal  kundig machen, ob die Hausaufgaben in ihrem Verantwortungsbereich ordentlich gemacht werden, bevor sie zur Symbolpolitik nach Rom ausschwärmt? Täte sie das,  würde sie herausfinden, dass die besagte  Anordnung, die es seit über einem Jahr gibt,  weitgehend bei Betroffenen und Öffentlichkeit unbekannt ist. Warum wohl? Haben staatliche Stellen offensiv darüber informiert?  Schlimmer noch:  Die Ausführungsbestimmungen werden in der Praxis von den Ämtern widersprüchlich und unklar interpretiert. Es wird, so in der Stadt Mainz, blockiert und taktiert.. Die politische Vorgabe „Familiennachzug möglich machen“ wird auf dem Verwaltungsweg praktisch umgedreht in  „Familiennachzug unmöglich machen.“ Das ist ein Skandal, für den die Politik die Verantwortung trägt.

Nehmen wir das Beispiel der  Mainzer deutsch-syrischen Familie Christian und Oarde Rothe. Nach monatelangem Ringen mit einer immer wieder hinhaltenden Ausländerbehörde gelang es vergangene Woche endlich,  nicht zuletzt durch mediale Aufmerksamkeit (Dank an diese Zeitung!),  die ersehnte Familienzusammenführung zu bewerkstelligen und  Geschwister und Mutter von Oarde in Sicherheit zu bringen.

http://newstral.com/de/article/de/962805880/fl%C3%BCchtlingsdrama-endlich-in-sicherheit-und-gl%C3%BCcklich-familie-von-oarde-rothe-ist-in-mainz-angekommen

Rothes haben der Politik nun angeboten, die Erfahrungen mit politisch und administrativ Verantwortlichen aufzuarbeiten und damit für ähnliche Fälle eine zügige Bearbeitung möglich zu machen. Keine Reaktion bisher, weder in Mainz noch auf Landesebene. Der Fall Rothe zeigt auch: Es geht nicht ohne einen Unterstützerkreis. Aber Bürger, jedenfalls in Mainz und Umland, sind bereit zu helfen. Auch Kirchengemeinden, evangelisch wie katholisch, übrigens und ganz von sich aus.

Aus allem folgt: Die Verwaltung soll ihren Job machen, die Bürger machen dann den ihren. Syrische Christen, in ihrer Heimat mit dem Tod bedroht sind und Verwandtschaft  in Deutschland haben, , brauchen unsere direkte fallbezogene Hilfe. Hier liegen ureigenste unerledigte Aufgaben der Politik auf allen Ebenen.  Die sollten angepackt, gelöst und nicht in den Vatikan verschoben werden.

Mit besten Grüßen

Henning v. Vieregge

Nachtrag 13. Dezember: Die AZ, die den obigen Leserbrief nicht veröffentlichte und es auch nicht für notwendig erachtet, den Verfasser darüber zu informieren (Können sich  Lokalzeitungen in Zeiten des Internets ein solches Überschweigen von Lesermeinungen leisten?), meldete am 12. Dezember „Fonds für Syrer muss warten“. Subüberschrift: „Katholische Bischöfe begrüßen Idee-aber Fragen sind noch offen“ Der Leser fragt sich, was die Botschaft ist. Der Text des Dreispalters liefert keine Aufklärung. Ungeklärt bleibt, wer da mit wem über was gesprochen hat.  Wer „die Bischöfe“ sind, bleibt im Dunkeln. Es soll nun eine Arbeitsgruppe gebildet werden, heißt es. In welcher Besetzung, mit welchem Auftrag, mit welcher Zeitvorgabe? Keine Information. „Aus dem katholischen Büro in Mainz heißt es, das Thema müsse mit mehr Ruhe diskutiert werden, “ heißt es wörtlich in dem Zeitungsbeitrag. Unklar bleibt weiter, worin eigentlich der Beitrag des Landes Rheinland-Pfalz an dem vom Land (respektive seiner Ministerpräsidentin) vorgeschlagenen Fonds besteht. Unklar bleibt, warum die Ministerpräsidentin  als erstes dem Papst von der Idee eines Fonds erzählte und nicht dem hierzulande zuständigen Kardinal Lehmann  oder seinem Nachnachfolger als Sprecher der deutschen Bischöfe, dem Münchner Kardinal Marx. Unklar ist, ob es sich um einen Einzelvorstoß eines mit Verlaub kleineren, finanziell durch in die Binsen gegangene Eigenprojekte finanziell klammen Bundeslandes handelt und warum nicht um eine konzertierte Aktion?  Und wieso hat die Rettung syrischer und irakischer Christen, die vom Tod durch islamisch-sunnitische IS-Milizen bedroht sind und die Verwandte hier in Deutschland haben, eigentlich Zeit? Viele Fragen und der Verdacht von bloßer Symbolpolitik: Politik besetzt ein Thema , damit niemand vorwerfen kann, man kümmere sich nicht darum. Und das ist es dann.

Zum Bericht der Staatskanzlei über den Papstbesuch

http://www.rlp.de/no_cache/einzelansicht/archive/2014/november/article/gespraech-mit-heiligem-vater/

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