(Nach)Österliche Anmerkungen Teil 2: Freunde schreiben

18 Apr
18. April 2020

Blog230/ April 2020

Guten Tag,
Mir ist in den Vorjahren nicht aufgefallen, dass so viele Freunde so viel Text auf Ostern verwendet haben. Kein Wunder, dies ist ein alles andere als normales Jahr. Hier einige Auszüge:
Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

Natürlich gehen mir die Menschen ab, mit denen ich gern im Kontakt bin, aber mit den Kindern kann ich über Facetime, mit den Kolleginnen und Kollegen in der Stiftung über Zoom sprechen und sie dabei sehen. Ein Glück, dass wir diese Technik haben! (RS)
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Lützelsee, Schweiz Foto Reto Fritz

Müssen wir aufpassen, dass eine Pandemie unsere Gesellschaft nicht auf einen Weg schickt, der von einer offenen Gesellschaft wegführt und den wir nicht wollen? Ja, wir müssen aufpassen! Auch in Deutschland! Wir müssen aufpassen, weil, auch demokratisch gewählte Regierungen im Vorfeld alle Warnungen missachtet haben, weil Regierungen übergriffig sind und sich an ihrer Macht festkrallen und weil die Krise nicht Anlass sein darf, uns von einer offenen, liberalen, kosmopolitischen Gesellschaft zu verabschieden….

An der Auseinandersetzung mit den Folgen der gegenwärtigen Krise und den Lehren, die daraus gezogen werden müssen, sind zwingend Akteure der Zivilgesellschaft und Experten für den bürgerschaftlichen Handlungsraum zu beteiligen. Andernfalls laufen wir Gefahr, uns aus der Krise in Richtung einer geschlossenen Gesellschaft zu entwickeln, in der nationalistische und populistische Strömungen den Ton angeben. (Rupert Graf Strachwitz )
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Einer der einflussreichsten Akteure der internationalen Zivilgesellschaft, Stiftungsgründer Bill Gates, warnte 2015: „Wenn etwas in den nächsten Jahrzehnten mehr als zehn Millionen Menschen tötet, dann wird es höchstwahrscheinlich ein hochansteckendes Virus sein und kein Krieg. Keine Raketen, sondern Mikroben!“ Und: „Wir sind für die nächste Epidemie nicht gewappnet. Ein anderes Virus kann schon übertragbar sein, wenn sich die Kranken noch gesund fühlen, in ein Flugzeug einsteigen oder einkaufen gehen.“ 23 Millionen Menschen haben diese Warnung online gehört und gesehen. Gates wiederholte seine Warnung 2017 auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Verantwortlichen haben das ebensowenig ernst genommen wie die Ergebnisse einer Pandemie-Simulation, die mit Mitteln der Bill and Melinda Gates Foundation 2019 an der Johns Hopkins University in Baltimore durchgeführt wurde – mit beängstigenden Ergebnissen. Ein Szenario wurde mit „echten“ Politikern, Beamten und anderen Persönlichkeiten durchgespielt. Sie sollten die Pandemie stoppen und die negativen Folgen minimieren. Das Resultat waren 65 Millionen „Tote“. Warnungen gab es noch viele mehr10, nicht zuletzt aus der Zivilgesellschaft und keineswegs nur in kleinen, wenig beachteten Zirkeln. Sie alle gingen unter. Man war ja davon überzeugt, alles im Griff zu haben, alles steuern zu können. Man sah stets die Wirtschaft und deren Ertrags- und Steuerkraft, die nicht zuletzt den Staat am Leben erhält; die Zeichen an der Wand sah man nicht. Den Politikern war tagesaktuelle PR wichtiger. Man sah nicht, wie fragil, anfällig unsere politische Ordnung geworden war. Wir haben schon deshalb allen Grund, misstrauisch zu sein.(RS)
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Es ist vor allem gar nicht zu fassen, wie viele politische Süppchen da gekocht werden, wie viele Trittbrettfahrer sich als Krisenmanager wichtig machen wollen. Die öffentlich-rechtlichen Medien scheinen dieses Spiel geradezu genussvoll mitzuspielen. Anstatt Ablenkung für die Menschen zu bieten, die nun Tag für Tag zum Teil auf sehr engem Raum miteinander auskommen müssen und denen sicher die Decke anfängt, auf den Kopf zu fallen, quälen sie ihre Zuschauer mit immer neuen Aufgüssen von eitlen Selbstdarstellungen – und ab und an sogar noch mit düsteren Berichten über ähnliche Katastrophen in der Geschichte.(RS)
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In den großen Pflanzgefäßen auf dem Balkon hat sich der Zwergahorn in sein prächtiges Kleid aus grünroten Blättchen gehüllt – der Buchs prunkt in frischem Grün – die vielleicht von den die drei Tauben gesäte Minibirke treibt winzige Blätter – aber eben diese Drei machen mir den Balkon geduldig streitig mit der Behauptung, er gehöre ihnen, weil sie auf ihm geboren seien. Ob ich einen Rechtsanwalt bemühen sollte? (HN)

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Ich denke auch darüber nach, wie wir gesellschaftlich mit dem Tod umgehen. Statistisch sterben im Normalverlauf jeden Tag in Deutschland durchschnittlich 2.500 Menschen, über 900.000 pro Jahr. Regelmäßige Epidemien mit fünfstelligen Todeszahlen regen uns kaum auf, weil sie nicht medial per Liveticker übermittelt werden, sondern im Nachhinein als Übersterblichkeit statistisch eingeordnet werden. Medien erzeugen nun einen ungeheuren Handlungsdruck auf die Politik. Mein Gefühl: Politik bekommt eine Verantwortung für Gesundheit aufgebürdet, die sie überfordert. Aus dem richtigen und überraschend erfolgreichen Bemühen um eine vorsorgende Hygiene ist mittlerweile ein bürokratisches Absurdistan geworden, das dem einzelnen das Lesen auf einer Parkbank, das Betreten des eigenen Bootes, den Aufenthalt im eigenen Haus in einem anderen Bundesland oder das Zusammensein mit der Freundin verbietet.

Ich bin irritiert, wie sich in kürzester Zeit ein Staatshandeln durchsetzt, das übertrifft, was man noch vor wenigen Wochen als rechten Autoritarismus gebrandmarkt hat. (WS)

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Keine Frage: Es geht mir ausgezeichnet. Ich lebe höchst komfortabel in meiner leisen Burg – es gibt mehr als ein Buch – ausgezeichnete Filme! Das tägliche lebendige (trotz Corona) Theater auf der Berger Straße! Gegenüber schaue ich in die Läden von Aldi und Rewe, wo ich schon früh am Morgen (noch ohne Schlange) alles bekomme, was mein Herz begehrt – auf dem nahen Markt finde ich (zweimal in der Woche) schönstes Obst und frischestes Gemüse. (HN)

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Ich fürchte, dass die wirtschaftlichen, finanziellen, sozialen und politischen Folgen der Epidemie-Bekämpfung (im Wechselspiel mit der Epidemie selbst) katastrophal ausfallen werden. Ich staune, mit welcher Gelassenheit wir der erklärtermaßen größten Wirtschaftskrise unseres Lebens entgegengehen, wie selbstverständlich wir an die Stelle von Wirtschaftstätigkeit Staatsalimentierung setzen. (WS)

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Auf der Rückseite des Hauses kann ich von der Küche und vom Wintergarten aus runter in den blütenreichen Garten schauen – auf die blühende Magnolie und die alte Birken mit ihren zarten Blüten und Blättern – und die 1904 gepflanzte alte Eibe blüht begeistert. Auch meine Blumenkästen geben sich viel Mühe und wetteifern mit der ‚Konkurrenz‘ im Garten. Seit einigen Tagen beobachte ich das zierliche Veilchen-Pflänzchen, das mir heute stolz seine erste Blüte vorführte (HN)
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EPISTULA 1 in tempore Coronae_Variante5

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