Kampfbereitschaft, wie? 100 Milliarden sollen sich auszahlen
269/März 2022
Guten Tag, die Bundeswehr ist auf dem besten Wege, besser sollte man sagen: auf dem schlechtesten Wege, dass Parkinsonsche Gesetz zu verifizieren. Der englische Bürokratieforscher hat am Beispiel der englischen Kriegsmarine gezeigt, die im Laufe der Entwicklung die Flotte immer kleiner und die sie verwaltende Bürokratie immer größer wurde, dass man ausrechnen kann, wann es nur noch die Verwaltung gibt. Und er hat prognostiziert, dass die Verwaltung weiter auf Hochtouren laufen kann, dazu braucht sie keine Schiffe. Eine SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Verteidigungsausschuss, den Namen habe ich vergessen, aber er tut auch nichts zur Sache, hat in einem Interview mit dem Deutschlandfunk zur Frage der Qualität des Beschaffungsamtes der Bundeswehr gesagt, dieses Amt sei unterbesetzt. Darauf die verblüffte Bemerkung der Journalistin: mit 10.000 Beschäftigten?
Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge
Leserbrief zu „Was man nicht kaufen kann“ von Reinhard Müller, FAZ vom 2.3.2022
Sehr geehrte Damen und Herren
Abschreckung funktioniert nur, wenn sie für das Gegenüber glaubwürdig ist. Die Glaubwürdigkeit setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: der Ausrüstung und der Einsatzbereitschaft. Nachdem die Politik jahrelang die Bundeswehr kaputt gespart hatte, ist hier nun Abhilfe in Sicht. Einsatzbereitschaft braucht gesellschaftlichen Rückhalt. Und daran mangelt es. Wie Reinhard Müller zu Recht feststellt, gibt es ein „grundsätzliches Fremdeln allem Militärischen gegenüber“. Mit Wolfgang Schneiderhan, dem früheren Generalinspekteur der Bundeswehr, ist festzuhalten, dass zum Soldatensein das Kämpfen gehört, das es darauf ankommt, das eigene Leben zu riskieren und natürlich auch zu töten. Was selbstverständlich klingt, ist in der Politik, in den Medien und in der Gesellschaft insgesamt alles andere als selbstverständlich. Die Einführung eines allgemeinen einjährigen Bürgerdienstes, der die Wahl zur Bundeswehr einschließt, könnte vielleicht ein Weg sein, das Fremdeln etwas abzubauen. Diese Diskussion ist jetzt angelaufen und sollte vertieft werden, bevor Bedenkenträger diese längst überfällige Entscheidung wiederum verhindern. Bei der Frage, wie man mit der Tradition des deutschen Soldatentums umgeht, hat die Bundeswehr nach ihrem Traditionserlass von 2018 den weitest möglichen Abstand zur eigenen Geschichte eingenommen, wenn es dort heißt, dass die Bundeswehr keine Tradition von Personen, Truppenverbänden und militärischen Institutionen der deutschen (Militär-) Geschichte pflegen will, „die nach heutigem Verständnis verbrecherisch, rassistisch oder menschenverachtend gehandelt haben.“ „Nach heutigem Verständnis“, ist damit überhaupt noch Raum für Anschluss statt Distanz? Will die politische und die militärische Führung auf jedwedes Vorbild verzichten, wie sie es bei der Umbenennung von Kasernen unter Beweis gestellt hat? Die mehr als peinliche Nicht -Würdigung der Soldaten, die in Afghanistan Dienst getan haben, auch jener, die sterben mussten oder verwundet wurden, zeigt, wie viel Umdenken notwendig ist. Der erste Schritt zur Besserung besteht darin, dass die verantwortlichen Politiker umdenken und dies auch öffentlich deutlich machen. Da muss man halt mal einige Hasstiraden in den (vor allem sozialen) Medien durchzustehen bereit sein.
Mit freundlichen Grüßen
Henning v. Vieregge