Brief 8/2010: Frustrierende Kampfspiele
Der Countdown läuft: Noch 14, 13, 12, 11… Tage bis zur Wahl des Bundespräsidenten
Bekannte und Freunde haben ihre Meinung zur Kandidatenunterstützungsargumentation Gauck geschickt. Das Echo war und ist groß. Herzlichen Dank. Wir sind denn nun die Chancen für Joachim Gauck

Schwierige Frage: Begrüßt die Junge Union die Kandidatur von Christian Wulff oder warten Touristen in Prag auf den 12 Uhr-Schlag der astronomischen Uhr am Altstädter Rathaus?
Würde nach den Wortmeldungen in der Bundesversammlung abgestimmt, wäre die Wahl für Joachim Gauck entschieden. Es gibt zwei bedenkenswerte Warnungen (Ulrich von Alemann, Wolfgang Hainer), nicht deswegen für diesen Kandidaten einzutreten, weil einem alle Parteien nicht passen. Günther Nonnenmacher in der FAZ nennt Gauck einen Kandidaten, der die antipolitische Sehnsucht verkörpere. Das ist interessengetriebene Übertreibung gegen Gauck.
Auch den Hinweis aus der Schweiz (Reinhard Behrens), potentielle Bundespräsidenten sollten sich in fremden Kulturen und Sprachen bewährt haben, finde ich bedenkenswert. Über Christian Wulff schrieb Robert von Lucius in der FAZ, er habe als Schüler seine kranke Mutter gepflegt, während seine Mitschüler draußen spielten oder Sprachen lernten.
Joachim Gaucks Chance, Bundespräsident zu werden, schwindet von Tag zu Tag. Nicht weil Gauck dummes Zeug erzählt oder Christian Wulff auf einmal an Format gewönne, Nein, die wachsende Chancenlosigkeit liegt in der Konfliktlogik der Parteien, unterstützt von streitgeilen Medien, begründet.
Wir hatten gehofft, die Frage, wer der bessere Kandidat ist oder gar, wen die Mehrheit des Volkes bevorzugt, (in beiden Fällen Gauck), könnte bestimmend werden. In der Wahlkabine würden die Mitglieder der Bundesversammlung nach ihrem Wissen und Gewissen wählen. Aber nun stellt man (Regierungsmehrheit, Opposition und Medien) die Überlebensfrage der Regierung Merkel/Westerwelle. DER STERN vom 10.6. „Gaucks Sieg wäre Merkels Untergang“. Und DER SPIEGEL vom 14.6. „Die Wahl zum Bundespräsidenten wird nun zum Schicksalstag ihrer Regierung“.
Appelle an die Kanzlerin und den schwarzgelben Kandidaten, doch den Bürgerwunsch zum eigenen zu machen und so das nur taktische Manöver der rotgrünen Opposition souverän zu durchkreuzen, sind in diesem Kampfscenario arg aussichtslos . Nimmt man noch die SPD Verweigerung zur Regierungsbildung in NRW hinzu , können sich beide Lager nun gegenseitig vorwurfsvoll attestieren, der grassierenden Politikverdrossenheit neue Nahrung zu geben. Und beide haben recht. Wer das Parteiensystem verteidigen und kräftigen will, muß feststellen: die Parteiführungen aller Parteien schlagen ihm zur Zeit mit Wucht die Argumente aus der Hand.
Eigentlich wäre es doch an der Zeit, den Meckerbürgern, also jeder und jedem von uns, die Frage nach ihrem und seinem konstruktiven und spürbaren persönlichen Beitrag in der Krisenzeit zu stellen, finanziell und ideell. Aber angesichts der frustrierender Kampfspiele gibt es aktuell weder echten Raum für Aufrufe an die Abgeordneten noch für Aufrufe an die Bürger. Ist die Sehnsucht nach etwas mehr Einbeziehung der Bürger in die politische Willensbildung der Parteien antipolitische Sehnsucht, Herr Nonnenmacher?
Die Hoffnung stirbt zuletzt? Mit der Bitte um Zusendung von Hoffnungsargumente grüße ich Sie und Euch.
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ich bin [leider] alt genug, um mich daran zu erinnern, daß der Parlamentarische Rat wegen der negativen Erfahrung um Hindenburg und dem Ergebnis Hitler, von einer Volkswahl Abstand nahm und die Bundesversammlung im Grundgesetz installierte.
Ich wünschte mir, sicher auch im Sinne der Überlegungen der Väter und Mütter des Grundgesetzes, daß die Parteien wenigstens in einem solchen Fall die Parteidisziplin beiseite ließen und stattdessen die Wahl ihren Delegierten frei ließe.
Wahrscheinlich bleibt das ein frommer Wunsch.
Dieter
In der Wirtschaft müßte man (Frau Merkel) sagen: mein Geschäftsmodell zerbricht, ich brauche einen neuen strategischen Partner, um die kritische Größe im Markt zu halten. Im Umkehrschluß wäre Herr Gauck ein hervorragender Mediator für Frau Merkel eine unpolitische Brücke für eine neue Mehrheit zu schaffen und qua Amt die moralische Verantwortung für die notwendige Reform der Reformen zu übernehmen. So könnte und müßte man das sehen-leider aber ebn zu unpolitisch.
Joachim Gauck kritisiert die Ängstlichkeit deutscher Politiker und fordert „deutlich über den nächsten Wahltermin hinauszudenken“.
Welch eine Partei hat das jemals gemacht?
Auch wenn einige Koalitionsvertreter offen mit Herrn Gauck sympathisieren, ist die Wahl von Christian Wulff wohl nicht gefährdet (so z.B. die Einschätzung des Staatsrechtlers Herbert von Arnim). Die Zahl der Abweichler in der Koalition müsste schon extrem sein, um zu einem anderen Ergebnis zu kommen.
Um das sehr zutreffende Szenario der „Kampfspiele“ aufzugreifen: Ad hoc ist es eher unwahrscheinlich, dass „Gladiator“ Glock,
von einer Welle der der nicht unmittelbar verwertbaren Sympathie getragen, den deutschen „Circus Maximus“ als Triumphator
verlässt. Schade – die „Freigabe“ der Wahl, losgelöst von der Parteiendisziplin, wäre ein probates Mittel, wieder einmal
„mehr Demokratie zu wagen“.