Bloss keine Ausschreibung einer kommunalen Spitzenposition . Ein Musterfall aus Mainz

05 Nov
5. November 2021

Guten Tag,
der nachfolgende Leserbrief, den ich für die Mainzer Zeitung geschrieben habe, ist für Nicht -Mainzer erklärungsbedürftig. Diejenigen, die den hier geschilderte Vorgang in der Politik lesen, sollten nachprüfen, wie es in ihrer Kommune steht.
In diesem Fall geht es um die Nachfolge des langjährigen Verantwortlichen in der Stadt für den Tourismus. Es gibt ja kaum eine Stadt, die sich nicht um Kongresse und Touristen bemüht. Mainz war darin in den letzten Jahren recht erfolgreich. August Moderer, der nach vielfachen internationalen Aufgaben in der Hotelbranche vor Jahren für Mainz gewonnen werden konnte, hat sich große Verdienste erworben. Das wird von niemandem bestritten. Nun ging es um die Nachfolge. Die Lokalzeitung deckte auf, dass die Nachfolge ohne Ausschreibung geregelt werden sollte. Ein bisheriger Pressesprecher der Stadt, der für die SPD steht, und eine Kandidatin der Grünen, auch keine Fachfrau, sollten nicht etwa gegeneinander antreten, sondern zu zweit führen. Alle, die mit Tourismus zu tun hatten, protestierten. Vergeblich. Die Kandidaten sind mittlerweile als Geschäftsführer installiert.
Wenn es stimmt, dass es eine Festlegung gab, die Nachfolge Moderers müsse ausgeschrieben werden, und diese Festlegung von den Grünen in den letzten Koalitionsverhandlungen aufgehoben wurde, dann würde dieser Vorgang den Übergang von einer leistungsorientierten Ausrichtung zu einer Vetternwirtschaft markieren.
Offenbar ist der öffentliche Sektor immer in der Gefahr, dort, wo kein zurechenbarer Wettbewerb besteht, Positionen nicht nach bester Qualifikation, sondern nach bestmöglicher Gefolgschaft zu besetzen. Ergebnis: Eigenständiges Handeln wird als Störfall betrachtet. Der Einzelne hat, wenn er/sie so ein Typus ist, davon den Vorteil, der Schaden für die Allgemeinheit ist nicht zurechenbar. Verfall von Erreichtem passiert zwar schneller als Aufbau, aber doch nicht von heute auf morgen. Aber das Ergebnis ist dennoch in jedem Einzelfall prognostizierbar: Der Abstand zwischen dem Leistungsvermögen staatlicher Institutionen und dem von Wirtschaftsunternehmen wird immer größer. Und Abgaben und Steuern sind höher als notwendig und steigen weiter.
Mit besten Grüßen
Henning v. Vieregge
Brief 261/2021

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