Frühlingserwachen: schwache Bindung, starke Wirkung

23 Mrz
23. März 2021

251/März 2021
Guten Tag, sechs Vorträge an drei Tagen, am vierten Tag eine Fazitdiskussion mit Gästen, alles online, das war ein starkes Stück.
Und das Fazit?
Alle Referate, alle Diskussionen im Plenum und besonders intensiv in den Breakout Sessions zwischen den Teilnehmern des online Angebots „1820 Frühlingserwachen“ in der Woche vom 16.-19. März 2021 waren von Redlichkeit geprägt: dem Bemühen, „der Wirklichkeit Respekt zu zollen, nicht zu täuschen oder sich selbst zu betrügen, um Klarheit zu bringen und Differenziertheit zu suchen.“ Letztlich ging es allen Beteiligten, wiederum in den Worten des Philosophen Jürgen Werner, darum, „Hoffnung auf Besserung belastbar zu machen“.
Dabei hatte man sich thematisch nicht auf das zur Zeit nervig allgegenwärtige Pandemie-Thema fokussiert, sondern das Weltschicksal als Ganzes in den Blick genommen. Sechs Vorträge zu übergreifenden Themen von Rotariern für Rotarier: „Rotary und Gesellschaft im Zusammenhang“ war das Leitthema. Schon mit dem Auftakt -Vortrag von Gert Scobel, bekannter Moderator in 3 Sat und Philosoph, war dieser Großrahmen gesetzt, wenn der Referent fragte: Wir alle wissen um die große Transformation, warum tun wir nicht genug und nicht mit den richtigen Methoden?
Weltverbesserung, das weiß man auch bei Rotary, geschieht in kleinen Schritten, sofern diese in die richtige Richtung führen. Rupert Graf Strachwitz (Maecenata-Institut, Berlin) und Hans-Peter Meister hatten dazu konkrete Vorschläge: Rotary handelt richtig, wenn sich die Clubs als konsequente Akteure der Zivilgesellschaft verstehen (Strachwitz) und sich zu gemeinwohlbezogenen Projekten vernetzen in Ergänzung zu den bestehenden Strukturen (Meister).
Elisa Klapheck, Rabbinerin in Frankfurt mit einer Professur für jüdische Studien, nannte am eigenen Beispiel den Kampf um Pflichten (weniger um Rechte) eine notwendige Voraussetzung zur vollen Gleichberechtigung. Was für ihre Religion gilt, so konnte die Zuhörerschaft folgern, gilt auch für die Umsetzung von mehr Diversität bei Rotary. Eine intensive Debatte lösten ihre Bemerkungen über die Wichtigkeit von Ritalen, insbesondere, wenn sie neu erzählt werden, aus.
Um das Selbstverständnis der Rotarier ging es auch am dritten Tag mit den Vorträgen von Henning von Vieregge und Rainer Hank. In einem historischen Exkurs führte Vieregge die ideologienüberwölbende Gemeinwohlbezogenheit von Rotary auf die doppelte Transformation des Servicegedankens zurück: aus der religiösen und staatlichen Sphäre in die ökonomische und von dort in die zivilgesellschaftliche. In einer Zeit, in der es immer schwieriger werde, Zusammenhang im Denken und Handeln im weltweiten Maßstab zu sichern, sei es für Rotary wichtig, sich den Versuchungen von Ambiguitäts -Intoleranz weiterhin erfolgreich zu entziehen. Rainer Hank löste mit seiner Forderung, Rotary möge sich als eine Organisation der schwachen Bindung mit allen Vorzügen einer solchen Positionierung begreifen, lebhafte Debatten unter den Teilnehmern aus. Ergebnis: dies sei ein erhellender Beitrag zur Ent-Mythologisierung des Freundschaftsbegriffs bei Rotary. „Gerade deshalb genieße ich meine Mitgliedschaft in der Organisation“, unterstrich der Publizist. Zustimmung bei den meisten Zuhörerinnen und Zuhörern: Der freundschaftliche Umgang mit interessanten Menschen ohne ein Übermaß an wechselseitigen Erwartungen mache den eigentlichen Reiz der Zugehörigkeit aus.
Mit herzlichen Grüßen
Henning

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