Leitkultur ist wichtig und erklärungsbedürftig
309 Februar 2024
Guten Tag
Zu Füßen der Frieden-Pagode in der Nähe von Galle in Sri Lanka steht ein Tempel. Der Mönch lädt die Fremden ein, einzutreten. Fotografieren ist verboten. Der Mönch bietet an, ein Friedensgebet zu sprechen. Die Fremden werden eingeladen, mitzuwirken. Eine Trommel schlägt ein wiederkehrendes Motiv zur Begleitung des kurzen Gebets in srilankesischer Sprache, das mantrartig wiederholt wird. Die Fremden, also wir,dürfen sich mit Schlaginstrumenten beteiligen und verlieren bald die Scheu. Sie sprechen das Gebet mit, schlagen im Takt dazu. Wenn der Mönch sich verbeugt, verbeugen sie sich auch. Nur ein Mann ist mit kurzen Hosen respektlos gekleidet. Keiner hat Schuhe an, wer kann, sitzt im Schneidersitz. Kurzum: die Fremden, also wir, passen sich den buddhistischen Regeln an . Sie tun es sogar offensichtlich gern. Sie hoffen, dass das gemeinsame Gebet zum Frieden in der Welt beiträgt. Die Fremden sind in der Fremde keine Fremdkörper, weil sie sich respektvoll anpassen.
Gäbe es in Sri Lanka eine Diskussion um Leitkultur, so wäre in diesem überwiegend buddhistischen Land das richtige Verhalten an und in den Heiligtümern Teil einer Leitkultur.
Als in Deutschland vor 23 Jahren Friedrich Merz den Begriff der Leitkultur einzuführen versuchte, konnten sich Regierung und ein Teil der Medien vor Spott kaum beruhigen. Offenbar gab es kaum etwas Lustigeres als Leitkultur. Jetzt ist die Diskussion wieder oben auf der Agenda. Warum? Weil ein Teil der Fremden sich gegenüber Inhalten und Formen, die den meisten Deutschen wichtig sind, abweisend bis aggressiv verhält.Damit ist die Bereitschaft in Deutschland gewachsen, sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen.Das ist begrüßenswert. Zu kurz gekommen ist dabei der Hinweis, dass Inhalte der Leitkultur erklärt werden müssen, ehe sie eingefordert werden können.
Was Leitkultur ausmacht, muss diskutiert werden. Es ist ein Mix aus Inhalten und Formen.
Zu den wichtigen Inhalten zählt das Verständnis von einem Staat, der bei aller Unzulänglichkeit seiner Verwaltung seinen Bürgern kein Feind ist. Wer hier zulande Asyl beantragt, kommt aus Ländern, in denen der Staat entweder gar nicht funktioniert oder für Willkür, Korruption und Unterdrückung seiner Bürger steht. Der Bürger erlebt ihn dort als Feind. Dieser Unterschied muss erklärt werden, bevor er eingefordert werden kann.
Zweites Beispiel: Deutscher Sonderfall Antisemitismus. Zumal, wenn die Migranten aus Ländern stammen, in denen sie frühzeitig den Hass auf Juden und Israel gepredigt bekommen.
Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass leitkulturelle Inhalte breit diskutiert gehören, bevor sie den Migranten verdeutlicht werden als ein Erfordernis für ein gedeihliches Zusammenleben hierzulande.
Mit herzlichen Grüßen
Henning von Vieregge