Politische Schlaglichter aus Südafrika

06 Mrz
6. März 2017

Blog 142/ 6.3. 2017
Guten Tag

Erfreulich: Trevor Noah
Die Sunday Times vom 5.3.2017 berichtet: Das Time Magazin hat Trevor Noah zu einem der zehn „next generation leaders“ gewählt und auf das Titelbild gesetzt. Trevor Noah ist Südafrikaner, Sohn eines Schweitzers und einer Schwarzen. Er ist Gastgeber der amerikanischen The Daily Show. Sein Aufwachsen, er war fünf, als Mandela aus dem Gefängnis entlassen wurde, ist also Jahrgang 84, hat er in dem bemerkenswerten Buch „Born a crime“ aufgeschrieben. Er ist in Südafrika eine Kultfigur, mit seiner Vielsprachigkeit und seinem Witz hochbeliebt quer durch alle Gruppierungen. Er ist so etwas wie eine südafrikanische Hoffnungsträger.

Bald Landenteignung ohne Entschädigung?
Auf der zweiten Seite der Sunday Times vom 5.3.2017 lautet der Aufmacher: „ANC should have supportet EFF land vote“. Es handelt sich um ein Zitat des ANC Sprechers Zizi Kodwa, der damit die ANC Abgeordnetenfraktion kritisiert, weil sie einen Antrag der Minderheitspartei des früheren ANC-Jugendsprechers Justus Malema nicht unterstützt hat. EFF steht für Economic Freedom Fighters und dieser Partei geht es um die entschädigungslose Enteignung der Landbesitzer. Zimbabwe ist das erklärte Vorbild. Der ANC Sprecher bezieht sich auf eine Rede von Präsident Jacob Zuma, der dazu aufforderte , die „black political parties“ sollten in dieser Frage an einem Strang ziehen. Dass entschädigungslose Enteignung gegen die Verfassung wäre, wird von Gegnern einer solchen Politik auch innerhalb des ANC betont. Demgegenüber wird in dem Beitrag der Sunday Times konstatiert, dass die radikale Position zunehmend innerhalb der ANC an Zustimmung gewinnt und damit zu rechnen ist, dass beim Parteikongress im Juni dieses Thema auf der Agenda ist. Dass der ANC, als alle Gruppen repräsentierende Freiheitsbewegung gegründet und als solche von Nelson Mandela nachdrücklich bestätigt, mittlerweile als Partei der Schwarzen eingeordnet wird, wird von der Sunday Times berichtet, aber nicht kommentiert.

Wird an der Kriminalstatistik gedreht?
Der 2. Beitrag auf der zweiten Seite berichtet von zwei amerikanischen Brüdern, beide Ärzte, die in Kapstadt auf einem Friedhof ausgeraubt wurden und deren Versuch, dazu eine Anzeige auf der nächsten Polizeistation

aufzugeben, von den Polizisten zurückgewiesen wurde. Die Brüder, einer als Professor in den USA , der andere mit doppelter Staatsangehörigkeit in Südafrika als Notfallarzt tätig, äußerten den Verdacht, auf diese Weise soll die offizielle Kriminalstatistik geschönt werden und wandten sich an das US-Konsulat.

Die aktuelle Ministerkrise
Aufmacher ist eine Meldung über die Ministerin für Social Development, Bathabile Dlamini. Ihr Ministerium ist zuständig für die monatliche Auszahlung der Pensionen und und allen anderen Sozialleistungen. Eine Serviceorganisation führt dies durch. Sie hat vor vier Jahren dazu den Auftrag bekommen und vor zwei Jahren wurde vom Obersten Gericht festgestellt, dass die Ausschreibung nicht sachgemäß vorgenommen worden ist. Die dabei festgelegte Übergangsfrist läuft aus. Die Ministerin hat seitdem nichts unternommen, der Finanzminister Pravin Gordhan mehrmals gedroht, ihr den Geldhahn zu zu drehen. Nun heißt es, man könne auf die besagte Serviceorganisation nicht verzichten, denn sonst erhielten die Leute Jahr zum 1. April ihr Geld nicht. Der Präsident hat sich eingeschaltet und beide Minister aufgefordert, sich zu einigen.Der Rechtsbruch scheint ihn nicht zu stören. Die Forderung, die Ministerin abzusetzen, hat er überhört. Dass in dem ganzen Vorfall viel Korruption Geld steckt, kann man annehmen. Die Überschrift des Beitrags lautet: „How minister brought SA to the brink“, also wie Minister Südafrika an den Abgrund brachten. Das ist es, was auch zu Zuma attestiert wird. Die Ministerin gehört zum engsten Führungszirkel des ANC als Vorsitzende der Frauenliga, die die vom Präsidenten gewünschte Nachfolgerin unterstützt. Und die heißt Dlamini-Zuma.

Lustig: Pigcasso
Auf der bunten Seite 3 wird unter anderem von einem malenden Schwein namens Pigcasso berichtet, das unter Anleitung einer Künstlerin wirkt und von dem ein Werk für 12 700 Rand an einen deutschen Sammler ging.


Regimeergebene Richter gesucht

Auf S. 4 ist der Aufmacher „ANC pushes for ist kind of judges“. In dem Beitrag wird berichtet, dass der ANC den Wahlmodus der obersten Richter verändern will. Beklagt wird in dem Papier, das eine Kommission unter Leitung des Verteidigungsministers verfasst hat, dass sich einige Richter „konterrevolutionär“ verhielten und es darum gehe, Richter auszuwählen „with a progressive philosophy and who advance judical activism to give effect to social transformation.“

Verschwörung gegen Südafrika? So viele Feinde
Auf der gleichen Seite wird ein weiteres ANC-Paper, das der Vorbereitung der Parteikonferenz im Juni gilt, unter der Überschrift „Foreign spies behind regime-change plot“ vorgestellt.Der erste Satz des Berichts lautet: The judiciary, NGOs, opposition parties, the media and students are part of a strategy by foreign services to undermine South Africa’s national security and weaken the state.“ Ewer diese Geheimdienste sind, wird in dem ANC Papier nicht ausgeführt. Der Minister für Staatssicherheit, David Mahlobo, rechnet neben den genannten Organisationen auch religiöse hinzu. Die Zeitung zitiert Johan Burger vom Institute für Security Studies: „ The weaker a government becomes, the ,more inclined it is to hide behind these suspicions about foreign threats.“ Es gebe keinerlei Beweis für die Behauptungen.

Fettsucht droht
Auf Seite 7 beschäftigt sich ein größerer Beitrag mit der Gefahr von Fettsucht der Jugend. Überschrift „Health fears over junk-food generation“ und „Bad diets push SA kids into the big league for obesity.“

Kein Minister kennt die Guptas
Auf S. 9 wird berichtet, wie 35 Kabinettmitglieder , Minister und Juniorminister, auf eine Anfrage der Oppositionspartei DA zu ihren Beziehungen zu der Gupta Familie reagiert haben. Die Guptas , die 1993 aus Indien einwanderten, gelten als die Finanziers des Zuma-Regimes, die bis zu ihrer Übersiedlung in die arabischen Emirate die finanziellen Korruptionsmanöver der Regierung steuerten. https://en.wikipedia.org/wiki/Gupta_family
Ein Bericht der damaligen Leiterin des Rechnungshofes, Thuli Madonsela, unter dem Titel „State of Capture“ listete detailliert alle Besuche und Telefonate der Führungsleute bei den Guptas auf.

Der Fall Molefe: Weiterer Aufstieg programmiert
Die Erklärungsversuche der Betroffenen sind mittlerweile legendär, am bekanntesten Brian Molefes Ausrede, des damaligen Chefs des staatlichen Energieunternehmens ESCOM: „There’s a shebeen there, two streets away from the Gupta[s]. I will not admit or deny that I’ve gone to the shebeen.” Ein Shebeen ist eine illegale Kneipe.
Zu den Vorwürfen gegen Molefe fasste die Huffington Post aus dem Mandonsela-Report zusammen:

Accusations around the family improperly benefitting from these connections came to a head with previous public protector Thuli Madonsela’s „State of Capture“ report released on November 2, 2016. It revealed some creative payment structures at work: Eskom paid almost R1 billion in prepayments to the Gupta’s Tegeta Resources & Energy for a coal tender to supply Arnot Power Station. This money was then allegedly used to buy Optimum Coal Mine (OCM) from Glencore, and may be corrupt, illegal and amount to fruitless and wasteful expenditure.
If that wasn’t damning enough, the report further laid out evidence that Molefe may have been „captured“ by the family, a mark he may never shake. Cellphone records showed Molefe and Ajay Gupta made 58 telephone calls to each other between August 2015 and March 2016, and Molefe visited the Guptas‘ neighbourhood, Saxonwold, about 19 times between August 5 and November 17, 2015

Mittlerweile ist Brian Molefe Mitglied des Parlaments geworden; dafür musste ein Mitglied ausscheiden. Offenbar kann man in Südafrika Parlamentsmitglied als Nachrücker werden, ohne dass man zuvor kandidiert hat. Molefe gilt als Kandidat Zumas zur Nachfolge des Finanzministers. Molefe hat sein Geld in Land angelegt und besitzt unter anderem eine Farm bei Pretoria.

Was kommentiert wird
Auf den Kommentarseiten der Sunday Times vom 5. März 2017 (S.16) wird die Entlassung von Ministerin Dlamini gefordert und in einem zweiten Kommentar festgestellt, dass Zuma in der Frage der Landenteignung „out of order“ sei.

Fremdenfeindlichkeit oder echte Sorge?
Ein Thema, das in den letzten Wochen wieder hochkochte, als in Pretoria Läden geplündert und Menschen bedroht wurden, ist Fremdenfeindlichkeit. Südafrika, so wird geschätzt, hat 1 Million afrikanische Flüchtlinge. Die Sunday Times nimmt sich des Themas in einem Pro und Contra an.(S.18) Im ersten Beitrag wird der Protestmarsch als legitim gewürdigt: Die südafrikanische Regierung dürfe nicht legitime Gesellschaftsprobleme als Fremdenfeindlichkeit brandmarken. Im zweiten Beitrag wird Fremdenfeindlichkeit als prinzipiell inakzeptabel eingestuft. Nimmt man die Leserbriefe als Maßstab, so steht zu vermuten, dass der erste Standpunkt die Mehrheit findet. So wie ein Andile Mshumpela argumentiert: Er sei nicht fremdenfeindlich,, aber Ausländer sollten in Südafrika investieren und Arbeitsplätze schaffen, aber nicht mit Südafrikanern um Arbeitsplätze konkurrieren.
(Quelle: Überwiegend Sunday Times vom 5. März 2017)

Nachtrag:
Soll man in Südafrika investieren?

Ich lese aus The Star vom 7. März 2017 den Kommentar eines Douglas Gibson „Investing in SA: Is it safe?“. Im Kommentar eingerückt hat die Redaktion ein großes Porträtbild des Julius Malema, des Führers der Economic Freedom Fighters. Er, Zuma, die ANC Women’s League, The YANC , Youth League, und der Black Business Council werden in dem Beitrag als Unsicherheitsfaktoren genannt, wenn es um die Frage geht, ob man in Südafrika investieren sollte. Wer investiert, meint der Autor, will die Möglichkeit haben , Profit zu machen. Aber nicht nur das: Investoren wollen es mit einem kalkulierbaren Steuersystem zu tun zu haben, die notwendigen Dienstleistungen zu verlässlicher Effektivität erhalten, sich auf das Rechtssystem verlassen können und vor ungerechtfertigter Übernahme geschützt sein. Der Autor rät am Schluss davon ab, auf eine Investition in Südafrika zu verzichten. Die politische und ökonomische Szene dieses faszinierenden Landes sei facettenreich und bestehe aus mehr als Bewunderern von Robert Mugabes Weg in Zimbabwe. Unter anderem nennt er die DA unter Mmusi Maimane.

Wer ist Douglas Gibson? Gibson war DA Parlamentarier zu Mbeckis Zeiten. Er wurde des versteckten Rassismus gescholten, als er Journalisten zu Mbeckis Alterssitz in Pretoria führte und die Verschleuderung von Staatsgeldern rügte. Diesen Vorwurf hätte er nicht erhoben, wenn der Staatspräsident kein Schwarzer wäre, hieß es. Es stellte sich heraus, dass der Staat nur die Gelder für die Sicherheitsmaßnahmen übernahm; wie hoch die waren, blieb allerdings im Dunkeln. Ein Jahr später übernahm Gibson den Botschafterposten In Thailand. Er wurde auch vom ANC beim Ausstieg aus dem Parlament gelobt. Vergleicht man diesen Umgang mit dem heutigen, wird deutlich, wie viel hemmungsloser die Selbstbedienung der Regierenden geworden ist und wie viel polemischer der Umgang mit den politischen Konkurrenten.

Mit besten Grüßeen
Henning v. Vieregge

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