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Deutschland auf hoher See: Zivilgesellschaft an die Ruder. Zur Rolle des BBE.

09 Nov
9. November 2015

Brief 108/November 2015

Guten Tag,

wenn die Kanzlerin sagt „Wir schaffen das“, heißt es erklärend, der Satz müsse ergänzt werden um „aber nicht allein“.Dann ist von Europa die Rede. Der Satz müsste aber auch aus innerdeutscher Sicht ergänzt werden:  „Wir schaffen das (das mit den Asylsuchenden) nicht allein, sondern nur durch  den überwiegend unentgeltlichen Einsatz von Bürgern. Die Zivilgesellschaft ist in die Aussage eingepreist. Und damit auch das BBE.

Die Zivilgesellschaft ist nun endgültig entdeckt. Nicht jeder weiß, was damit gemeint ist, aber sie wird allenthalben beschworen. Demografische Herausforderung? Die Zivilgesellschaft richtet’s. Flüchtlingswillkommen? Wozu haben wir die Zivilgesellschaft?

Als bei Frankfurt eine neue Unterkunft für Flüchtlinge errichtet wurde, waren vier Vollbezahlte und 120 Unbezahlte (oder vom Arbeitgeber Bezahlte und Freigestellte) damit beschäftigt.

Ein Streik der 23 Millionen Freiwilligen im Land würde die Republik lahmlegen wie kein anderer Streik. Aber übergreifend sind die freiwillig tätigen Bürger nicht organisations- und konfliktfähig. Würde man herumfragen, wer deren Interessen vertritt, würde der Name BBE vermutlich kaum fallen. Das BBE ist nicht sehr bekannt im Land. Dabei wäre das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) jedenfalls teilzuständig. Mit dessen Geschäftsführer Ansgar Klein habe ich für den Verbändereport 7/2015 ein ausführliches Interview geführt, das zeigt, dass Jürgen Habermas nicht nur in der Wissenschaft tiefe Spuren hinterlässt.

 

Mit herzlichen Grüßen

Henning v. Vieregge

VR_ansgar klein bbe

Der Alte bleibt im Amt: Geschäftsführer in Verbänden mit Beharrungsvermögen- wie schaffen die das?

09 Okt
9. Oktober 2015

Brief 107/Oktober 2015

Guten Tag,

merkwürdigerweise gibt es für ungeschriebene Briefe keinen anderen treffenderen Ausdruck. Denn der Brief ist ja geschrieben, hat aber keinen speziellen Adressaten.In meinem Fall richtet sich der ungeschriebene Brief an Hauptgeschäftsführer von Verbänden, die schon etwas älter sind und noch gern über die bisher übliche Pensionsgrenze im Job bleiben wollen. Dagegen ist ja nichts zu sagen. Aber man kann sich doch einige Gedanken dazu machen. Und kommt dann mir nichts dir nichts ins Grundsätzliche: Wie hält man sich im Amt, wie ist die Beziehung zwischen Haupt-und Ehrenamtlichen usw. Jemand, der sich in den Verbänden gut auskennt, sagte, ihm würden mindestens fünf Geschäftsführer einfallen, auf die der Briefinhalt zuträfe. Der Text ist im Verbändereport Nr. 6/2015 erschienen und sei Ihrer freundlichen Aufmerksamkeit empfohlen.

Mit herzlichen Grüßen

Henning v. Vieregge

HGF Brief Alt dienen

 

Erinnerung an meine liebste Großmutter

22 Sep
22. September 2015

Brief 106/September 2015

Guten Tag,

neulich kam in einem Freundeskreis das Gespräch auf die Großmütter. Es gab keinen, der bei diesem Thema nicht ins Schwärmen kam. Ein Freund erzählte, seine Großmutter habe immer mal gesagt, vor der Tür steht ein Bär und brummt. Das habe ihm als kleinem Jungen ungemein gefallen. Denn immer, wenn sie das sagte, habe sie gefurzt.

Die abendliche Runde hat mich animiert, über meine Lieblingsgroßmutter nachzudenken und mir die Frage zu beantworten, warum sie das war.

Ich hatte drei Großmütter und nannte sie Ömi, Großmutti und Großi. Großi war die, die die anderen (meine Eltern) Tante Lisa nannten. Ich wusste, sie war meine Adoptivgroßmutter. Nicht wir haben sie adoptiert, sondern sie mit ihrem Mann meinen Vater, als der klein war. Das aber zählte für mich in keiner Weise.

Von ihren neun Geschwistern erzählte sie mir viel. So, dass jede Schwester einen Passbruder hatte, und die Pärchen schenkten sich zum Geburtstag etwas. Und wenn die Mädchen nicht fügsam waren, gab es Zungi. Das bedeutete, dass der andere mit seiner Zunge der Tadelswerten übers Gesicht fuhr; das war wohl Höchststrafe.

Von dem im 1. Weltkrieg gefallenen Bruder berichtete sie in ihrer lapidaren Art so, dass ich als kleiner Bub mir das merkte. Offenbar machte der Bedauernswerte drei Fehler: Er ging von Mecklenburg weg (nach Hamburg), hatte eine Brille und lernte etwas Kaufmännisches für die Kolonien. Alles drei besiegelte, so verstand ich Großi, sein Schicksal: denn beim Ausbruch des 1. Weltkriegs war er in Afrika, wurde Soldat oder auch nicht,  verlor jedenfalls seine Brille und verlief sich ins feindliche Feuer.Ihre Geschichten knallten einem um die Ohren.

Ihre knappe Art korrespondierte mit ihrer Eile. Sie war immer in Eile. Mit Rückschlägen hielt sie sich nicht lange auf. Sie fuhr einen Daf. Der hatte Automatic, was ihr Arbeit ersparte, und war von einem holländischen Lastwagenhersteller gebaut, ein robuster Kleinwagen also, und das war für sie als  miserable Autofahrerin eine gute Wahl. Einmal –ich meine, sie rauchte und dachte an Vieles, nur nicht ans Autofahren- kamen wir zu weit rechts, landeten gewissermaßen im Kiesbett, der Wagen schleuderte. Nach meiner Erinnerung hat  er sich sogar gedreht und stand auf der anderen Seite in Gegenrichtung, aber das mag eine Nachwürzung der Fantasie zur stärkeren Dramatisierung sein. Mich, ich war vielleicht zehn, erschütterte der Vorfall jedenfalls schon, sie nicht. Während ich noch zitterte, sagte sie so etwas wie Glück gehabt und setzte die Fahrt ohne weiteres fort.

Sie führte einem Herrn v.P. den Haushalt, der hatte einen kleinen Hof in der Marsch bei Bremen gepachtet oder gekauft. Vor der Küche stand ein großer Apfelbaum  Ich sollte die Äpfel pflücken, eine Leiter wurde herbeigeschafft, ich kletterte hoch und fing an. Dummerweise waren die besten Äpfel noch weiter oben. Da traute ich mich nicht hin. Unten stand Großi und rief mir zu, ich solle höher klettern. Es war keine Bitte, sondern eine harsche Aufforderung. Ich erinnere nicht, was ich tat, außer dass ich mich meiner Ängstlichkeit schämte. Und irgendwie stolz war auf eine Großmutter, die keine Angst um ihren Enkel  hatte.

Als Großi mit ihrem Bruder Voß (so wurde er aus mir unbekannten Gründen genannt) in Bonn-Röttgen zusammenzog, waren zwei schnelle Alte unter einem Dach. Beim Essen musste ich mich ranhalten. Denn  die beiden Alten aßen wie im Wettkampf und kaum waren sie fertig, wurden  die Teller abgeräumt. Als ich mich beim Nachtisch über das Tempo  beschwerte, sagte Großi: „Blöde Hunde werden nicht fett“. Ich glaube, ich ahnte damals schon, dass dies ein Leitspruch für mein Leben werden sollte.

Diese Großmutter  war viel schneller als die anderen alten Leute, sie war direkter und  sie forderte. Und sie handelte selber so, wie sie es anderen abverlangte. Ich glaube, sie kam mir deswegen sehr viel moderner vor als alle anderen Familienmitglieder dieser Generation. Ich hatte bei ihr das Gefühl, als junger Mensch ernst genommen zu werden. Hinter der rauen Schale spürte ich  ihre Liebe und freute mich auf die gemeinsame Zeit in Bonn. 1968 im Herbst wechselte ich nämlich von der Bundeswehr dorthin, um mit dem Studieren zu  beginnen. Leider kam ich zu spät. Sie starb einen Monat zuvor.

Mit herzlichen Grüßen

Henning v. Vieregge

 

Brief an Flüchtlinge: Offene Gesellschaft Deutschland

13 Sep
13. September 2015

Brief 105/ September 2015

Guten Tag,

habe heute in der FAZ Sonntagszeitung unter der Überschrift „Heilige Schrift“ einen Kommentar von Michael Martens gelesen, in dem er einen Brief an Flüchtlinge, ergänzt um das Grundgesetz in der jeweiligen Landessprache , auszuteilen vorschlägt und auch gleich einen Entwurf mitliefert. Martens schreibt, was Flüchtlinge lernen müssen, wenn wir in diesem Land den sozialen Frieden erhalten wollen.Die entscheidende Passage lautet: „Das Grundgesetz steht bei uns über dem Koran, der Bibel oder jedem anderen Buch, und sei es noch so heilig.“ Das Grundgesetz ist, wie die Überschrift des Beitrag bereits anzeigt, die Heilige Schrift der Offenen Gesellschaft Deutschland. Wer diese Auffassung, Maßstab ist u. a. das Verhalten gegenüber Frauen und Homosexuellen, nicht teilt, für den „ist es besser, wenn Sie unser Land rasch wieder verlassen.

Ich würde mir wünschen, dieser Brief-Vorschlag fände Nachahmer. Insbesondere sind die christlichen Kirchen gefordert.Brief an FlüchtlingeSie könnten damit beweisen, dass sie in der Offenen Gesellschaft angekommen sind und gewillt sind, nicht nur praktisch, sondern auch ethisch ihren Beitrag zu liefern.

Brief an FlüchtlingeBrief an FlüchtlingeMit freundlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

 

Kirchendämmerung oder Morgenröte: Entdecken Kirchengemeinden den Wert von mehr Außenorientierung?

26 Aug
26. August 2015

Brief 104/August 2015

Guten Tag,

der nachfolgende Beitrag  widmet sich der Frage „Findet mehr Kirche statt, wenn Kirche Stadt findet?“ Mit zwei angehenden Theologen haben wir uns die drei Gemeinden auf EKHN-Gebiet näher angeschaut, die im 2006  erschienenen Buch von Wilfried Härle u.a. „Wachsen gegen den Trend“ vorgestellt worden waren. In allen drei Gemeinden stellten wir ein Wachstum nach außen fest. Das Thema ist , wie die „Kirche findet Stadt“ Aktion oder die Initiative der Nordkirche, Hamburg, zeigt, keineswegs in Südhessen allein auf der Agenda. Die Nordkirche veranstaltet vom 10. auf 11. September in Hamburg eine Tagung „Zwischen Babylon und Jerusalem, Die Kirche als Faktor der Stadtentwicklung“. Das ist eine Zielrichtung der Debatte. Ich finde die Zuwendung auf die lokale Bürger- und Zivilgesellschaft wichtiger. Und Kirche sollte sich, indem sie sich bewegt, fragen: Was haben  wir davon?

Serie: Kirchendämmerung oder Morgenröte?

http://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/serie-kirchendaemmerung-oder-morgenroete.html

Wachsen gegen den Trend

http://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/wachsen-gegen-den-trend.html

Mission und Fürsorge

http://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/mission-und-fuersorge.html

Licht auf dem Berge oder Salz der Erde? Missionarische Ausrichtung braucht Außenorientierung

http://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/licht-auf-dem-berge-oder-salz-der-erde-missionarische-ausrichtung-braucht-aussenorientierung.html

 

Mit herzlichen Grüßen

Henning v. Vieregge

Bildung und Engagement gehören zusammen

21 Aug
21. August 2015

Brief 103/August 2015

Guten Tag,

die Überschrift scheint Banales zu verkünden. Vielleicht sollte ich sie ändern. Aber das Erstaunliche ist, dass praktische Konsequenzen aus dieser Verknüpfung weder an Schulen noch an Hochschulen in größerem Umfang gezogen werden. Service Learning oder ähnliche Ansätze sind immer noch in der Kuriositätenkammer dieser Institutionen. Es gibt eine ausgeprägte und effizient arbeitende Schule-Wirtschaft Organisation mit Aktivitäten bis in die letzten Winkel der Republik. Von einer Organisation Schule-Zivilgesellschaft hat noch keiner etwas gehört. Kein Wunder, denn es gibt sie nicht.

Bei den Alt-Studierenden läge es womöglich noch näher, dass sie beides verbinden. Hier wird berichtet, in wie weit dies der Fall ist.

Mit besten Grüßen

Henning v. Vieregge

 

Bildung und Engagement gehören zusammen[1]

Von allein klappt das Zusammenspiel nicht. Warum die Hochschulen stärker ihren gesellschaftlichen Pflichten nachkommen sollten und was die Seniorenbüros dabei tun können.

Ich erzähle mal eine Geschichte über drei Ecken. Also: Eine Bekannte erzählte von einer Bekannten, sie wolle nach Vietnam reisen. Sie interessiere sich nämlich dafür, wie Menschen mit Armut zurechtkommen. Da hat meine Bekannte gesagt: „Dafür brauchst du doch nicht nach Vietnam zu reisen.“  Ein Student, der mit in der Runde saß, ergänzte: „Wir haben eine Aktion für Obdachlose gegründet. Wir sammeln bei Unternehmen nach dem Prinzip der Tafeln und gehen dann durch die Stadt und bieten die Lebensmittel Obdachlosen an. Wir machen dabei die Erfahrung, dass wir die Stadt neu erleben. Diejenigen, die wir bisher übersehen wollten, suchen wir nun. Wir sind miteinander auf Augenhöhe.  Einer wollte von uns nichts annehmen. Mit dieser Situation mussten wir lernen, richtig umzugehen“.

Lohnt es sich nicht, darüber  nachzudenken, ob eine Fernreise, die ja zumeist im organisierten also geschützten Rahmen stattfindet, oder ein solches Engagement in den Gassen der Heimatstadt ein größeres Abenteuer ist?

Insbesondere diejenigen aus der Generation der 68er und Babyboomer, die sich weiterbilden,  an Hochschulen als Alt-Studierende, an Volkshochschulen oder wo auch immer, wissen, dass auch Bildung ein Abenteuer ist. Bildung erweitert unser Wissen. Bildung erschüttert aber auch unsere bisherigen Gewissheiten. Dem setzen wir uns aus.  Es ist ein Mix aus Irritation und Bestätigung, den uns Bildung liefert. Das Mischungsverhältnis, das wir als interessant, aufschlussreich, ertragbar empfinden, ist bei jedem von uns unterschiedlich ausgeprägt. Ideologische Fixierungen erschweren Umlernen.  Wer sich Unbelehrbarkeit vornimmt, kann unbelehrbar bleiben. So jemand sucht nur Bestätigungswissen. Wer also weiß, dass beispielsweise Obdachlose an ihrem Schicksal selber schuld  sind, wird sich hüten, Untersuchungen, die dieses Vorurteil erschüttern, zur Kenntnis zu nehmen.  Dabei  ist inzwischen empirisch gesicherte Gewissheit, dass der Spruch vom Hans, der nichts mehr lernen kann was er als Hänschen nicht gelernt hat, definitiv  falsch ist. Die renommierte Akademiegruppe Altern  schreibt in ihren „Legenden zum Alter und ihre Widerlegung“: So lange der Mensch lebt und nicht durch Krankheit stark beeinträchtigt ist, kann er Neues lernen. Erwachsene lernen besonders gut, wenn sie einen konkreten Nutzen erkennen und das neue Wissen anwenden können.“

Man kann also neu lernen, sich neu zum Leben justieren. Die vollen Hörsäle der Hochschulen und Volkshochschulen  mit Grau- und Silberköpfen liefern den Beleg dafür, wie viele Generationsgenossen dies verstanden haben und sich auf das Abenteuer Bildung einlassen.

Man kann das Gleiche durch bürgerschaftliches Engagement, also durch tätige Praxis, erfahren. Da dies nicht im Gewand von Gelehrsamkeit, sondern durch pralles Leben erfahrbar wird –und dies auf der gesamten breiten Palette des Engagements, vom Gesangverein bis zur Obdachlosenhilfe, vom Einsatz für Green Gardening bis zur Flüchtlingshilfe, vom Schulpaten bis zum freiwillig tätigen Feuerwehrmann, erreichen uns die Irritationen viel stärker. Sie sickern in unseren Gefühlshaushalt ein.

Wie passen nun Bildung und Engagement zusammen?

Wir haben unter den Alt-Studierenden der Johannes Gutenberg-Universität 2012/2013 dazu eine Umfrage gemacht. Unsere Vermutung, dass Bildungs- und Engagementbereitschaft Zwillinge sind, wurde uns bestätigt, wenn nicht übertroffen. 63,8 % der Befragten gehören zu den Engagierten-.  Das sind fast doppelt so viele wie im Durchschnitt der Bevölkerung in diesem Alterssegment. Man könnte also formulieren: Lernen spornt an und kommt auch dem Nächsten zugute. Die Umfrage ergab weiter, dass auch diejenigen, die sich bisher noch nicht engagieren, überwiegend ansprechbar und interessiert sind. Würde das gesamte „Alt-Studierenden“ Potential erschlossen, wären über 90 Prozent  pro Woche zwischen zwei und zehn Stunden ehrenamtlich tätig und zwar über die gesamte Palette des Engagements, also : Außerschulische Jugendarbeit und Bildungsarbeit für Erwachsene (20,6%), Kirchlicher und religiöser Bereich ( 18,5%), Umwelt, Naturschutz, Tierschutz (14,4%), Gesundheitsbereich und sozialer Bereich (12,9 %) sowie Politik und Interessenvertretung (11,8 %). Die Alt-Studierenden haben ein ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl zur Mainzer Universität. . Jeder Vierte (25,8 %) betont dies. Entsprechend können sich auch zwei von drei Engagementwilligen vorstellen, dass dies im Rahmen der Universität geschieht. Hochschulen haben dieses Potential bisher nicht erschlossen. Dabei könnten sie besonders gut den meistgenannten Wunsch der Alt-Studierenden erfüllen: „ Altersgemischte Freiwilligenarbeit zusammen mit Studierenden“.

Halten wir also fest: Bildung und Engagement sind Abenteuer, die den Herbst des Lebens auf abenteuerliche Weise versilbern.

So weit, so gut. Aber wie sieht es mit der Verbindung von Lernen und Engagement aus?

Das Verbindungsstück ist da, wenn auch unter der zugegeben wenig eingängigen Bezeichnung „Service Learning“. Im April 2015 haben sich 26 Hochschulen, die zuvor schon einige Jahre in einem Netzwerk Service Learning zusammen arbeiteten, zu einem Verein „Hochschulnetzwerk Bildung durch Verantwortung“ zusammen geschlossen. An diesen und einigen weiteren Hochschulen  können sich Studenten in gemeinwohlbezogenen Projekten während eines Semesters erproben und gleichzeitig ihre dabei gemachten Erfahrungen in begleitenden Lehrveranstaltungen einbringen und damit überprüfen. Das ist Service Learning, Lernen durch Engagement.

Hier passiert, was in den abertausenden bürgerschaftlichen Engagements bis dato  viel zu wenig geschieht: Bildung und Engagement werden verkoppelt. Bildung profitiert durch Engagement und Engagement durch Bildung. Nun wäre es richtig, dieses Konzept in allen Hochschulen einzuführen und in intelligent angepasster Form auch Alt-Studierenden zugänglich zu machen. Diese doppelte Übertragung, bildlich gesprochen in die Breite und in die Höhe,  steht noch aus. In Deutschland gibt es  428 Hochschulen mit 2,6 Millionen Studenten- was für ein Potential für die akademisch gerahmte Erprobung von Bürgerengagement!

Und das im Generations-Tandem: Im erwähnten Hochschulnetzwerk ist man gerade dabei, die Alt-Studierenden mit ihrem großen Erfahrungswissen als eigene wertvolle Gruppe zu entdecken. Und die Erprobung von Engagement  in intergenerationellen Tandems, wie es sich die Älteren wünschen? Darüber wird viel geredet und geschrieben. Und das ist bekanntlich der erste Schritt zur Praxiserprobung. Und damit auch zu erhöhten Chance auf ein schönes Mehrgenerationenfest von Zwilling Bildung und Zwilling Engagement zum Nutzen aller Beteiligten, der Lerner, Geber und Empfänger. Aber wir wissen auch: Ohne Schubs gibt es keine Bewegung. Vor der Förderung steht die Forderung. Jeder von uns kann seinen Beitrag leisten, individuell und institutionell. Liegt hier nicht auch eine zukunftsweisende Aufgabe derjenigen Seniorenbüros, die in der Nähe von Hochschulen beheimatet sind: die Interessen der Zivilgesellschaft, vor allem die ältere, bildungsoffene Generation an der Hochschule zu vertreten? An den Hochschulen ist die Öffnungsbereitschaft zur Gesellschaft gewachsen. Nutzen wir diese Chance!

[1] Erschienen in Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros (BaS) (Hrsg.), Engagiert vor Ort, 20 Jahre Netzwerk der Seniorenbüros, Bonn, Juni 2015, 21-22

übernommen vom bbe-Newsletter Nr.17/2015

 

 

BAS Jubiläumsbroschüre

http://www.b-b-e.de/fileadmin/inhalte/aktuelles/2015/08/newsletter-17-vieregge-gastbeitrag.pdf

© Copyright - Henning von Vieregge