Wahlkampf: Journalisten als Aktionisten? Ein Beispiel gegen die FDP
325/ Januar 2025
Guten Tag,
In Wahlzeiten wird geholzt. Auch von den Medien?
Ich würde den nachfolgenden Leserbrief an die AZ in Mainz nicht geschrieben haben, wenn ich das von mir kritisierte Beispiel nicht für exemplarisch halten würde. Bericht und Kommentar werden nicht getrennt und im Bericht wird ausgeteilt, als sei der Journalist Wahlkampfredner.
Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge
P.S. Der Leserbrief ist noch nicht erschienen. Damit war zu rechnen. In den Leserbriefen wird keine grundsätzliche Kritik an der Zeitung geduldet. Aber hätte man sich nicht mal melden können.
An die AZ-Leserbriefe
Sehr geehrte Damen und Herren
Christian Lindner, FDP, hatte in einem Interview gesagt, man solle in Deutschland „ein bisschen Musk oder Milei wagen…“ Darüber berichtet die RZ in einem Fünfspalter, aufgepeppt durch ein großes Foto von Elon Musk, auf Seite 2. Im Text wird die Frage aufgeworfen, was liberal und was libertär sei, wobei letztere Position Musk zugeordnet wird und über Musk Lindner in die Nähe der AfD gebracht wird. Man hat mir mal beigebracht, dass in Deutschland Journalisten sorgfältig zwischen Nachricht und Kommentar unterscheiden. Gilt diese Regel noch? Werden Artikel, die sich daran nicht halten, von der Redaktion überprüft und korrigiert? Mir kommen gelinde Zweifel. Im letzten Absatz sind den beiden Autorinnen vollends die Pferde durchgegangen, wenn sie richtigerweise schreiben, Deutschland brauche den Liberalismus, um das Wuchern von Bürokratie und Sozialstaat zu stoppen“, gleichzeitig aber dran hängen, „Deutschland braucht aber keine FDP.“ Es ist nicht die Aufgabe von Journalisten, Wahlkampf zu machen. Hier besteht die Gefahr der nächsten Grenzüberschreitung: Mehr politischer Aktionist als beobachtender Journalist sein zu wollen. Ich wäre der Redaktionsleitung dankbar, wenn sie gerade in Zeiten des Wahlkampfs zur Trennung von Nachricht und Kommentar anhalten und polemische Ausfälle nicht zulassen würde.