Der Hype um Respekt: drei respektlose Geschichten

28 Sep
28. September 2021

Beitrag 259/September 2021
Guten Tag,
Respekt ist das Wort der Stunde. Ob auf der Brust von Fußballern oder auf Plakaten politischer Parteien: Es geht um Respekt. Als Angebot oder Forderung?

Neulich, wir waren an der Nordsee und hatten uns einen Strandkorb gemietet, hatten wir folgendes Erlebnis: Unser Strandkorb war besetzt. Normalerweise kein Problem. Der Besetzer entschuldigt sich, man sagt, das macht doch nichts, der Strandkorb wird geräumt und fertig. Dieses Mal war der Besetzerin deutlicher Unwille darüber anzusehen, dass wir unser Recht wahrnehmen wollten. Kein Wort der Entschuldigung. Zu sehen waren Handtuch und Badeanzug an der Seite des Strandkorb und Turnschuhe und Handtuch im Strandkorb. Darauf folgenden Dialog
Ich: Eine kleine Entschuldigung wäre nett.
Sie: Wieso? Mein Handtuch liegt neben dem Strandkorb.
Ich: Und die Turnschuhe?
Sie: Da müssen Sie meinen Mann fragen, es sind seine.

Erlebnis zwei: Parkplatz mit Tankmöglichkeit für Elektroauto, wir haben ein solches und wollen parken. Der Parkplatz ist besetzt. Eine Frau steht neben einem Benziner, der den Parkplatz füllt. Ein Mann steht dahinter. Wir stehen mit unserem Auto dar und warten. Keine Ansprache. Darauf folgenden Dialog:
ich: Sie fahren gerade heraus?
Der Mann: Was soll das? Das sehen Sie doch.
Ich: bisher habe ich es nicht gesehen.
Der Mann: Jetzt sehen Sie es (die Frau beginnt langsam einzusteigen)
ich: Sie wissen aber schon, dass dies ein Parkplatz für Elektrofahrzeuge ist?
Der Mann: (drohend) Wollen Sie Streit?
Ich versichere, dass ich keinen will. Der Mann schüttelt mehrmals den Kopf, um anzuzeigen, dass ihm eine solche Unverschämtheit noch nicht begegnet ist.

In beiden Fällen hätte eine kleine Respekt-Bezeugung jede Verärgerung im Kern erstickt. Wer Respekt fordert, muss sie selber geben wollen. Andernfalls ist der Hype um Respekt problematisch. Schlechte Vorbilder sind besonders wirksam. Eine Geschichte, die ich nicht selbst erlebt habe, aber glaubhaft erzählt bekommen habe, ist ein besonders nachdenkenswertes Beispiel von demonstrativer Respektlosigkeit. Eine Mutter und ihr Sohn im Flugzeug, die Stimme des bringt dem Sohn das gewünschte Getränk, der Sohn bedankt sich, die Mutter sagt: „Du musst dich nicht bedanken. Die Frau tut nur, was sie ihre Pflicht als Stewardess ist.“

Mit respektvollen Grüßen
Henning v. Vieregge

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