Was macht alte Menschen glücklich?
Blog 122/Juni 2016
Guten Tag,
fast alle Hochalterigen müssen irgendwann gegen Ende einen Großteil ihrer Autonomie aufgeben, oft aus heiterem Himmel. Zumeist fängt es damit an, dass die Person stürzt und sich etwas bricht oder in ihrer Wohnung ohnmächtig wird . Man findet sie und die wohlmeinenden Kinder sagen: „So geht es nicht mehr weiter, dass, Mutter oder Vater, wirst du doch einsehen?“ Es sind nicht nur die gewohnten sozialen Kontakte, die dann wegbrechen, es ist auch der bis dahin noch mögliche Einsatz für noch Schwächere. Die Rundumversorgung im Seniorenheim ist nicht nur ein Segen.
Einer der Dauerbrenner in den Gesprächen fitter Alter über ihre Eltern ist die Situation vor der Pflegeversicherungszusage. Wer heute in ein Seniorenheim geht, ist im Durchschnitt 85 und ein Pflegefall.Oder wird dann einer. Verwandte trainieren die Betroffene: „Mutter, du darfst, wenn der Arzt von der Pflegeversicherung kommt, nicht sagen, dass du noch alles selber kannst. Du musst sagen, du kannst gar nichts mehr“. Die Erfahrung lehrt, der erste Antrag wird abgelehnt. Mutter hat versagt und war fit wie selten .
Dabei soll sie doch nur hilflos sein. Damit können alle umgehen. Und das Schlimme ist, (fast) alle Versorger haben ein gutes Gewissen dabei. Horst Krumbach, Initiator und Vorstand der in Aachen gegründeten Generationsbrücke, nennt die pflegerische hauswirtschaftliche Versorgung in den deutschen Pflegeheimen gut, fragt aber, ob die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen die Bewohner glücklich mache?
„Wir haben jetzt eine aktive dritte Lebensphase, aber immer noch eine inaktive vierte Lebensphase. Der durchschnittliche Pflegeheimbewohner ist 86 Jahre alt. Da kann man nicht dieselbe Form von Aktivität in das Leben rein bringen, aber man kann auch in diesem Alter fordern und fördern. Angebote wie das der Generationsbrücke zeigen, die Hochalterigen sind gefragt, kleinen Kindern zu erzählen. Das findet auf einem niederschwelligen Niveau statt, aber fragen, fordern und fördern kann man auch 86jährige Menschen, auch wenn sie gesundheitlich schon sehr angeschlagen sind.“
Das Angebot der Generationsbrücke ist in mehrfacher Hinsicht lehrreich. Es zeigt, dass Engagement nicht nur eine Angelegenheit „perfekter“ Menschen ist, sondern auch von solchen, die noch nicht im üblichen Sinne perfekt sind oder es nicht mehr sind,. Und das gemeinsam, im generationsübergreifenden Zusammenspiel von ganz jungen und ganz alten Menschen. Damit dies klappt – und dies ist der zweite wichtige Punkt – müssen die Hauptamtlichen, in diesem Fall Lehrer und Sozialarbeiter, voll einbezogen sein und Verbindlichkeit und Regeleinhaltung sicherstellen. So muss die Verbindung mindestens über ein halbes Jahr gehen und es ist zum Beispiel auch vorgeschrieben, dass am Anfang und am Ende des Miteinanders beide, der junge und der alte Mensch, sich die Hand geben. Auch miteinander zu singen ist unersetzlicher Teil jeder Zusammenkunft. Die Hauptamtlichen müssen bereit sein, den Rahmen und damit die Voraussetzungen eines nachhaltigen Miteinanders zu sichern und sich selber herauszuhalten.