Alten-Bashing Zweiter Teil

22 Apr
22. April 2016

Blog 119/ April 2016

Guten Tag,

es ist nicht zu fassen: das Alten-Bashing hört nicht auf. Besonders schräg daran: Es sind Alte, die Alte angreifen. Weil die Angriffenen eine Meinung vertreten, die sie nicht teilen. Es geht immer noch um Flüchtlinge und die durch die Schließung der Balkanroute , jedenfalls vorübergehend, überflüssig gewordene Frage, ob begrenzte Aufnahmekapazitäten hat oder nicht.

Im Februar (Blog 114) hatte ich von einem Argumentationsfoul eines Münchner Soziologen gegenüber Kollegen berichtet, die die Frechheit besaßen, solche Zuwanderungsbegrenzung für notwendig zu halten, und die ein paar Jährchen (aber wirklich nur ein paar) älter sind als der Wutschreiber Armin Nassehi.  Ich schrieb damals u.a.:

Jeder verrennt sich mal. So der Münchner Soziologe Armin Nassehi in einem Essay in der „Welt“ vom 8. 2.2016. Unter dem Titel „Empörte Grauköpfe“ kanzelte der Soziologe ältere Kollegen ab, die zur Flüchtlingsfrage Thesen vertreten, die Nassehi missfallen. (Peter Sloterdijk, Rolf Schneider, Botho Strauß). Und stellt der durch die Flüchtlinge erfolgten „Maskulinisierung“ flugs die „Geronto-Maskulinisierung“ der Intellektuellen entgegen; immerhin ein kreativer Befreiungsschlag aus einer offensichtlichen unangenehmen Debatte. 

Und nun hat Harald Martenstein herausgefunden, dass sich auch andere junge Alte, Sahnehäubchen der Intellektuellen- und Toleranz-Elite, an Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit just dem Hinweis auf deren Alter reiben. Martenstein nennt Richard David Precht ,51, Harald Welzer,57, und, als König Lear der Alten-Basher, Michael Jürgs, 70. Martenstein: „Mein Tipp an alle männlichen Dichter und Denker: Schauen Sie in Ihren Personalausweis.Falls da ein Geburtsdatum steht, dass vor 1977 liegt, sind Sie kein wirklich junger Mann mehr, echt nicht, die Leute sehen das auch.“ (Harald Martenstein, Über alte Männer, die andere als alte Männer beschimpfen“, in: Zeit Magazin Nr.17, April 2016)

Hat also Giovanni die Lorenzo recht, wenn er von einer „Misstrauenskultur gegenüber Älteren“ spricht? di Lorenzo in einem Beitrag, in dem er Bundespräsident Joachim Gauck auffordert, eine weitere Kandidatur zum Amt nicht mit dem Hinweis auf das Alter auszuschließen: “ Es gibt in unserer jede Form von Rassismus anprangernden Gesellschaft nur noch eine Art der Diskriminierung, der man völlig ungehindert frönen darf: die Herabsetzung der Alten. Als wäre mit dem Eintritt ins Rentenalter dere direkte Übergang in die Unzurechnungsfähigkeit besiegelt“. ( Giovanni di Lorenzo, Reife Leistung, in: Die ZeitNr.17/2016 vom 14.4.2016 S.1)

Sind beide Beiträge gegen das Altenbashing Belege dafür, dass sich Ältere oder deren Advokaten auch nicht mehr alles gefallen lassen?

 

Mit herzlichen Grüßen

Henning v. Vieregge

 

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