Brief 39/2013 Schreibzimmer für Jungautoren im Frankfurter Literaturhaus

28 Jan
28. Januar 2013

Liebe Leserin, lieber Leser

Wenn Sie eine garantiert spannende Lesung junger Schriftstellerinnen und Schriftleser erleben wollen, notieren Sie sich den 19. Februar 2013, 19.30 h (Uhrzeit nochmals überprüfen) Literaturhaus Frankfurt. Da wird vorgelesen, was im Projekt Schreibzimmer entstanden ist. Über dieses Projekt lesen Sie unten stehend. Wenn Sie weiter lesen, kommen Sie an mein Vorwort zur Dokumentation der Texte, die am 19. 2. verkauft wird. Vielleicht macht es Sie noch neugieriger.

Mit herzlichen Grüßen

Henning von Vieregge

Was ist das Schreibzimmer?

Eine Schreibwerkstatt für Jungautoren. Jedes Jahr kommen im Literaturhaus schreibbegeisterte Jugendliche zusammen, um unter professioneller Leitung und unter Gleichgesinnten literarisches Schreiben zu erkunden und an eigenen Texten arbeiten. Gearbeitet wird in zwei Gruppen, einmal Prosa, einmal Lyrik. Die Werkstattleiter wechseln, sind aber immer Schriftsteller. Am Ende gibt es nicht nur eine Anthologie mit Lyrik und Prosa aus dem Schreibzimmer, sondern auch eine öffentliche Abschlusslesung im Literaturhaus. Ehemalige des Schreibzimmers treffen sich weiter im Jungautorenkollektiv sexyunderground.

Was kostet der Spaß?

Nichts! Die Teilnahme ist kostenlos. Einzige Einschränkung: Wer nicht aus Frankfurt kommt, muss sich selbst um Anreise und Unterkunft kümmern.

Wer kann teilnehmen?

Alle Schreibenden zwischen 14 und 18 Jahren (bis 2010 für 16-19-Jährige). Für die Teilnahme ist eine einfache Bewerbung mit kurzen Textproben notwendig. Wer nicht aus Frankfurt oder Umgebung kommt, sollte eine Unterkunft in Frankfurt haben.

Wann findet was statt?

Im Juli bzw. August wird das Schreibzimmer ausgeschrieben. An drei Wochenenden im Herbst trifft sich dann das Schreibzimmer im Literaturhaus. Die öffentliche Abschlusslesung findet am Dienstag, 19.Februar im Literaturhaus Frankfurt, Schöne Aussicht2, 60311 Frankfurt, 19.30 Uhr statt.

Vorwort

Ein Hammer-Zitat als Einstieg über das, was Kunst, also auch Schreibkunst, wie sie hier auf den folgenden Seiten zu lesen ist, ist und kann:

„ Menschen brauchen Referenzräume, die Phänomene erklären, Perspektivwechsel erklären, Sinn stiften oder den Himmel aufreißen für Visionen. Das kann Kunst“

Das schrieb kürzlich der Vorstand der Herbert-Quandt-Stiftung, Dr. Christoph Eichert, seinerseits als Vorwortschreiber einer Broschüre der Stiftung zur zentralen Rolle der Kultur im Bemühen Mecklenburg-Vorpommerns, Menschen in diese Region zu bringen und sie dort zu binden. Hier geht es auch um bringen und binden: Junge Menschen, die gern Prosa oder Lyrik schreiben, sollen in ihrem Tun durch fordernde Förderung ermutigt werden, damit sie bei uns das bewirken, was im Eingangszitat der Kunst zugetraut wird. Treiber vom Schreiben-Wollen kann Generativität sein, also der Wunsch, dass von einem etwas bleibt. Natürlich gibt es auch andere Treiber. Kreativität, die sich in Worten Bahn bricht, ist ein anderer. Die Bereitschaft, aber auch die Freude an der Anstrengung gehören ebenfalls dazu, vergleichbar mit der Bergsteigerin, die sich ein Ziel setzt und es am Ende einer großen Mühe erklimmt. An die Grenzen zu gehen, vielleicht sogar über die bisher für einen selbst gültigen hinaus, das schafft jenes Gefühl, das man Flow nennt, ein strömendes Glück. Das Schreibzimmer ist als Prozess mit Trainer, Kollegen und knappem Zeitbudget bis zur Fertigstellung, angelegt. Es gibt Kritikschleifen und den öffentlichen Vortrag und nun das gedruckte Wort, das überdauert. Auch das alles sind nicht für jede und jeden kleine Hürden.

Insgesamt hat dieses Projekt wie jedes Engagement fünf verschiedene Wirkungsebenen. Ich will sie in Form von Fragen benennen:

  1. Was macht das Texten mit mir?
  2. Was ist die Wirkung beim Rezipienten?
  3. Verändert das Projekt Schreibzimmer die Institution Literaturhaus?
  4. Entfaltet das Projekt Wirkung in den nachbarschaftlichen Raum hinein? (Zum Beispiel: Verändert er meine Schule, meinen Lehrer, mein Frankfurt, die Sponsoren etc.)
  5. So wenig ein einziges Projekt den Weltlauf ändern kann, geht es in die richtige Richtung?
  1. Zu 1) werden die Teilnehmer ihre individuellen Schlüsse ziehen. Wer weiter schreiben will, kann dies tun. Das Wunderbare an der rasanten technischen Entwicklung der letzten Jahre ist, dass jede und jeder für kleines Geld die eigenen Texte publizieren kann. Und wenn, wie in den Vorjahren immer mal wieder geschehen, die Teams in Fühlung bleiben: umso besser.
  2. Zu 2) können wir nur spekulieren,
  3. zu 3) äußert sich der Chef des Literaturhauses und
  4. zu 4) kann ich aus Sicht der beteiligten Rotaryclubs festhalten: Wir sind sehr stolz darauf, die Idee zu diesem Wettbewerb gehabt zu haben. Das ist gleichzeitig die Antwort auf die Frage
  5. unter 5): Kreatives kulturelles Arbeiten kommt an den Schulen zu kurz. Wenn an den Schulen geändert wird –und das geschieht oft und stets bundesweit unabgestimmt, am liebsten gegenläufig- führt dies leider nicht zum Ausbau der kreativen Anteile im Schulangebot, eher zum Abbau. Die Lobby für Fächer wie Musik und Kunst und kreative Räume in anderen Fächern ist zu schwach. Selbstkritisch, sofern Wirtschaftsangehörige betroffen sind, müssen wir konstatieren, dass wir uns nicht dagegen wehren, wenn die Repräsentanten der Wirtschaft sich in ihren Forderungen genau wie offenbar alle anderen eher an überprüfbaren Leistungen orientieren. Sollten wir nicht aus diesem Projekt lernen und mithelfen, Schule mehr Räume für kreatives, kunstsinniges Arbeiten zu öffnen?

Der Dank geht an alle Beteiligten.

Dr. Henning von Vieregge (RC Alte Oper Frankfurt) für die beteiligten Frankfurter Rotary Clubs

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