Wenn Journalisten Bericht und Kommentar mischen, eine unerhörte Kritik daran
337/September 2025
Guten Tag,
Journalisten, die Wahlkampf machen, stören mich in jedem Einzelfall, egal gegen wen. Der unten stehende Leserbrief ist faktisch überholt, prinzipiell nicht. Gedruckt wurde er nicht. Wäre (leider) auch verwunderlich gewesen.
Mit besten Grüßen
Henning von Vieregge
Lindner, Musk und Milei
Christian Lindner, FDP, hatte in einem Interview gesagt, man solle in Deutschland „ein bisschen Musk oder Milei wagen…“ Darüber berichtet die AZ in einem Fünfspalter, aufgepeppt durch ein großes Foto von Elon Musk, auf Seite 2. Im Text wird die Frage aufgeworfen, was liberal und was libertär sei, wobei letztere Position Musk zugeordnet wird und über Musk Lindner in die Nähe der AfD gebracht wird.
Man hat mir mal beigebracht, dass in Deutschland Journalisten sorgfältig zwischen Nachricht und Kommentar unterscheiden. Gilt diese Regel noch? Werden Artikel, die sich daran nicht halten, von der Redaktion überprüft und korrigiert? Mir kommen gelinde Zweifel.
Im letzten Absatz sind den beiden Autorinnen vollends die Pferde durchgegangen, wenn sie richtigerweise schreiben, Deutschland brauche den Liberalismus, um das Wuchern von Bürokratie und Sozialstaat zu stoppen“, gleichzeitig aber dran hängen, „Deutschland braucht aber keine FDP.“ Es ist nicht die Aufgabe von Journalisten, Wahlkampf zu machen. Hier besteht die Gefahr der nächsten Grenzüberschreitung: mehr politischer Aktionist als beobachtender Journalist sein zu wollen. Ich wäre der Redaktionsleitung dankbar, wenn sie gerade in Zeiten des Wahlkampfs zur Trennung von Nachricht und Kommentar anhalten und polemische Ausfälle nicht zulassen würde.