Brief 7/2010: Bürgerpräsident Joachim Gauck
Frankfurt, 4. Juni 2010 Bundeskanzlerin Angela Merkel hat gestern abend in der Frankfurter Paulskirche den Rostocker Theologen Joachim Gauck als gemeinsamen Kandidaten fast aller im Bundestag vertretenen Parteien für die Nachfolge des am Montag zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler nominiert. Mit ihr waren alle führenden Politiker des Bundestags in Frankfurt.
„Joachim Gauck ist der ideale überparteiliche Kandidat“, sagte die Bundeskanzlerin bei der Vorstellung. Gauck verkörpere die bessere DDR und damit die Freiheitsidee wie kein zweiter. Es sei ihr darauf angekommen, einen Kandidaten zu finden, den jede der demokratischen Parteien für sich hätte reklamieren können und der sich „als moralische Instanz in schwierigen Zeiten“ bereits bewährt habe. Dies sei Gauck. „Die Frankfurter Paulskirche sei der richtige Ort für ungewöhnliches Handeln in ungewöhnlicher Situation“, schloß die Bundeskanzlerin ihre mit breiter Zustimmung aufgenommene Rede. Die Partei Die Linke will einen eigenen Kandidaten aufstellen, denn „Gauck ist nicht unser Mann“, so Gregor Gysi lapidar.
Nun, wir wissen, diese Meldung ist falsch. Es gibt zwei Kandidaten, einen 50 jährigen Berufspolitiker, von dem alle sagen, es sei nett, und eben Joachim Gauck. Der Nette hat schon gesagt, er werde dann für alle Deutschen da sein. Und nicht nur für die Niedersachsen oder die CDU. Joachim Gauck muß nicht erklären, für alle Deutschen zu sein. Er ist es.
In der WELT von gestern stehen unter der Überschrift „Respekt, Herr Köhler“ auf einer Seite Leserbriefe, die die Redaktion mit zwei bemerkenswerten Sätzen einleitete: „Selten sind sich die Medien so einig wie bei der Verurteilung des Rücktritts von Bundespräsident Horst Köhler. Und selten haben die Bürger eine so fundamental andere Wahrnehmung“.
Auch das spricht für Joachim Gauck. Er hat sich wie Horst Köhler Distanz zum politischen Apparat bewahrt. Aber was bei Köhler immer etwas bemüht, manchmal sogar populistisch, wirkte, ist bei Gauck gelebtes Leben. Ihm nimmt man die sympathische Eigenständigkeit ab. Er wird keine künstlich bemühte Distanz brauchen und ist im politischen Geschäft erfahren genug, um Tretminen zu umgehen. Da unterscheidet er sich von Köhler. Gauck kann werden, was Köhler so gern sein wollte: Bürgerpräsident zu sein.
Wie kann man seine Kandidatur unterstützen, wenn er doch nicht direkt gewählt wird? Wie kann man ihn aus dem Zählkandidatenstatus herausholen, in den Medien ihn hinein schreiben wollen? Wie kann man Liberalen und Konservativen, die wahlberechtigt sind, Mut zur eigenen Meinungsbildung machen? Ist es so schlimm, den geeigneteren Kandidaten zu wählen, auch wenn er von den Falschen nominiert wurde? Wie kann man ihn vor den Diffamierungen aus der Linkspartei schützen oder sprechen die dann nicht für ihn? Muß man ihn vor den Unterstützungsreden eines Sigmar Gabriel schützen?
Eigentlich wollte ich die Sache laufen lassen. Aber dann habe ich gedacht: Warum eigentlich? Wozu haben wir das Netz? Wozu sind wir Bürger?
Warning: Declaration of Social_Walker_Comment::start_lvl(&$output, $depth, $args) should be compatible with Walker_Comment::start_lvl(&$output, $depth = 0, $args = Array) in /homepages/43/d15349162/htdocs/webseiten/cms/wp-content/plugins/social/lib/social/walker/comment.php on line 60
Warning: Declaration of Social_Walker_Comment::end_lvl(&$output, $depth, $args) should be compatible with Walker_Comment::end_lvl(&$output, $depth = 0, $args = Array) in /homepages/43/d15349162/htdocs/webseiten/cms/wp-content/plugins/social/lib/social/walker/comment.php on line 60
Wie kann man seine Kandidatur unterstützen:
Demonstrieren: Wir wolln den Gauck!
Ich finde dies eine bemerkenswerte und richtige Initiative, die meine Familie und ich voll unterstützen.
Da ich technisch nicht so gut mit den modernen Kommunikationsmitteln umgehen kann, sollte z.B. unter Facebook eine Initiative gestartet werden.
ICH BIN FÜR JOACHIM GAUCK!
Wenn das Internet neun Tage nach dem Interview von Köhler dieses wieder auf die Agenda setzte und angeblich den Bundespräsidenten dann zum Rücktritt nötigte, sollten wir es mit Hilfe dieses Mediums schaffen, Parteiproporz zu kippen, dem sich die Wähler |siehe Wahlbeteiligung | so wie so nicht mehr verpflichtet fühlen.
Deinen Kommentar unterstütze ich voll. Ihn zu unterstützen geht nur über mögliche Einflußnahmen, soweit man das kann, auf die öffentliche Meinung, die den Gedanken des Bürgerpräsidenten stärkt und nicht nur der Politik-[Partei-]strategie à la Merkel folgt.
Gegen entsprechende Demonstrationen wäre nichts einzuwenden
Aus der Ferne Europas wirkt der Politik-Zirkus um das Präsidentenamt noch deprimierender! Deshalb kommt die Gauck-Initiative zur richtigen Zeit und ich unterstütze Sie deshalb mit Überzeugung.
Warum machen wir nicht eine Stimmen-Sammel-Aktion?
Lieber Henning, wir sollten alles möglich machen, damit Demokratie wirken kann. In diesen Zeiten braucht es Menschen mit Mut und Erfahrung. Dinge, die ich Herrn Gauck zuspreche, Herr Wulff nun leider gar nicht. Beliebt durch Beliebigkeit trifft es leider sehr genau. Herr Gauck wäre ein Signal, ein Signal was nicht zuletzt durch die durchgehend zu konziliante Führungsschwäche der Kanzlerin, wieder einmal vertan wurde!
Wer etwas ändern will in diesem Land, sollte in der Bundesversammlung den Mut haben, Joachim Gauck zu wählen!
Meine Stimme hat Gauck – wenn ich sie doch nur irgendwo abgeben
könnte !
Eine ausgezeichnete Initiative! Das Problem dahinter: dass die Einpeitscher der schwarzgelben Mehrheit alles daran setzen werden, sich die Stimmenmehrheit zu sichern.
Ich sähe eine gewisse Chance darin, wenn es gelänge, mit Hilfe wiederholter Meinungsumfragen die Medien auf breiter Front für eine Mitarbeit zu gewinnen. Vor allem muss der Regierung immer wieder klar gemacht werden, dass sie mit solchen Entscheidungen, wie der Nominierung des Herrn Wulff aus parteitaktischen Erwägungen, sich jeglicher Chancen bei der nächsten Bundestagswahl selbst beraubt.
Lieber Henning, auch ich würde Gauck wählen, wenn ich denn könnte. Sehr gute Argumente sind dafür im Umlauf.- Dein Humor in deiner Einleitung mit der Paulskirche hat nicht nur mich köstlich amüsiert, sagt dein alter Onkel Fritz
Nur wenn man feste rüttelt fällt der Apfel vom Baum.
Wenn Frau Merkel ehrlich zu sich in ihrer Umgebung wäre, dann würde Sie zugeben, daß sie an Gauck und seine intergrative Kraft nicht gedacht hat. Tant pis.
Herrn Gauck zu promoten ist gar nicht schwer, aber wir müssen die Partei-Krusten aufbrechen und die Wahlmänner/-Frauen fragen, was sie wirklich wollen.
Hier nur eine Fussnote mit einem Blick von aussen:
Abtretender und neue Kandidaten reflektieren vielleicht auch die Bedeutung, die die D diesem Amt beimessen. Es gab profilierte Präsidenten in der Vergangenheit, die diesem Amt in seiner Beschränktheit ein wertvolles Profil geben konnten. Mir scheinen die Kandidaten zunehmend aus einem politischen Alltagskalkül ausgewählt zu werden, als dass man sich mehr Gedanken macht über die gewollte Bedeutung und zugestandene Rolle des Päsidentenamtes.
(zwischen 7-jährigen französischem Präsidentenamt und jährlich rotierenden Schweizer Bundesräten hätte die Bundesverfassung eine weites Gestaltungsfeld – auch ohne zusätzlich in die „historische Tiefe“ zu gehen.) Grüsse aus der Schweiz
Ich bin sehr für Joachim Gauck und würde überall für ihn votieren, wo das möglich ist. Das Geschachere der Parteien, die sich jedes Amt zur Beute machen, nervt.
Was kann man tun?
Eine Unterstützer-Aktion im Web starten (wie die E-Petition gegen die Internet-Zensur) und deren Verlauf in den Medien publizieren, um Druck auf die Bundestagsmitglieder und Landtagsdelegierten auszuüben.
Leserbriefe an die Presse schreiben und sich einmischen.
Lieber Henning,
ich danke für Deine Initiative und werbe dafür.
Grüße aus Erfurt
Gauck for President. Ein uneingeschränktes JA – und für alle, die vor der FWM in Südafrika noch ein bisschen Zulu lernen wollen:
YEBO = JA.
Joachim Gauck ist offensichtlich zum Liebling der Netzgemeinde geworden. Eine starke Stimmung für ihn also. Die von der CDU/FDP
angestrebte „Ruhe im Karton“ in der Präsidentenfrage ist nicht aufgegangen. Schade nur – der „Souverän“ wählt den Präsidenten nicht direkt. Die Gesetze der „Parteien-Arithmetik“ werden somit am 30. Juni den Ausschlag geben. Und bei all dem Gezänk der gewählten Parteien werden noch mehr Staatsbürger ihr Vertrauen in die konstitutiven Elemente verlieren.
Bleibt zu hoffen, dass der Marie Antoinette zugeschriebene Ausspruch, wonach Wahrhaftigkeit und Politik selten unter einem Dach wohnen, nur eine Behauptung oder schlimmstenfalls eine eigene Beobachtung war, nicht aber ein Axiom.
Tassilo Schwaller
Lieber Herr v. Vieregge,
ich hatte intern auch mal kurz Bischof Wolfgang Huber vorgeschlagen,vom Standort nicht so weit von Gauck entfernt und ihm sogar eher intellektuell überlegen, schließlich mit (ruhender partei-)politischer Erfahrung.Pro Gauck -ich schließe mich einer öffentlichen Äußerung von Wolfgang Gerhardt an – heißt aber bitte nicht notwendigerweise contra parteiliches Engagement; es ist modisch, gegen den Einfluß von Parteien zu sein, ohne tragfähige Alternativen zu benennen. Und dies bedeutet schon gar nicht pro Gabriel, der natürlich die knallharte SPD-Linie in Sachen Rau (der eine gute Wahl war) contra CDU 1999, nicht im mindesten im Sinne eines überparteilichen Kandidaten,längst verdrängt hat.
Beste Grüße,
Ihr Wolfgang Hainer
Lieber Henning,
danke für die Initiative. Da ich mich nicht so virtuos im Netz bewege, schlage ich eine große Anzeige Pro Gauck in FAZ oder ZEIT oder ähnlich vor. Ich denke, man muß diejenigen Wahlmänner und – frauen, die sich noch eine eigene Entscheidung gönnen, ermutigen, denjenigen zu wählen, der der Bessere für Deutschland ist, und das ist zweifellos Joachim Gauck. Wie wir jetzt überall lesen und hören können, wird als Schreckensfolge, sollte denn ein FDP- oder gar CDU-Mensch tatsächlich aus Überzeugung den Besseren – Joaachim Gauck – wählen, ein Zerbrechen dieser Chaos-Regierungs–Koalition aufgezeigt. Ich frage mich, was wäre denn so schrecklich daran?
Und noch ein Vorschlag: könnte man nicht kampagnemäßig dem Kanditaten Christian Wulff zu einem Rückzug von der Kandidatur raten. Damit könnte er Größe und Souveränität zeigen, die ihn vielleicht später einmal für ein hohes Amt qualifizieren könnte.
Naja. wahrscheinlich alles illusorisch. Aber ich werde den Glauben an eine einigermaßen vernunftgetragene bessere Welt halt nicht los.
Herzlicher Grüße,
Brigitte Tilmann
Danke für die bemerkenswerte Initiative.
Jörg Ulrich Hahn
Wolfgang Busch mailte:
„Auch ich bin für Gauck als Bundespräsident. Wen denn sonst?“
Prof. Ulrich von Alemann, Düsseldorf, mailte:
Lieber Henning,
ich unterstütze sehr die Kandidatur von Gauck, ein toller, überzeugender Kandidat. Mir gefällt allerdings der Unterton in vielen Kommentaren nicht, wir brauchten Politiker jenseits, über oder neben den Parteien. Vielleicht brauchen wir bessere Parteien, daran sollte man arbeiten. Aber die allgemeine Parteienverachtung mache ich nicht mit. Panorama fragte mich nach einem Kommentar zum „Parteienschacher“ um die Nominierung des Bundespräsidenten. Als ich so ähnlich wie oben antwortete, das sei ein normaler Wettbewerb um den besten Kandidaten, verloren sie jeglichers Interesse. Ich find das problematisch, beste Grüsse Ulrich
Lieber Henning,
ein wunderbarer Einstieg ins Thema – leider nur ein schönes Märchen. Frau Merkel hat diese Größe nicht. Und genau da liegt das Problem – es geht nicht um innere Größe, um wirkliche Werte, um das, was dem Land gut täte, sondern um Demonstration von Macht und um parteiliche Schacherei. Gauck ist die Persönlichkeit mit Charakter, Kanten und nachvollziehbaren Lebenslinien im ganzen Deutschland – Wulf ein rundgeschliffener kluger Kopf im politischen Karussel. Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf, daß es doch zusätzlich ein paar unabhängige Köpfe in der Bundesversammlung geben wird, die außerhalb der Parteilinie Joachim Gauck die Stimme geben werden! Herzlich W.G.