Das reiche Rothen

14 Jul
14. Juli 2016

Blog 124/ Juli 2016
Guten Tag,

Rothen, Treffpunkt Rothener Kelle
Treffpunkt Rothe Kelle
Das kleine Rothen, gelegen im Sternberger Land in Mecklenburg zwischen Schwerin und Güstrow, ist besonders reich. Jedenfalls dann, wenn man das Sozialkapital bewertet. Sozialkapital bildet sich durch Kenntnis voneinander. Dadurch entsteht Vertrauen und Vertrauen schafft Bindung. Wenn man sich aber aufeinander verlassen kann, geht Vieles im Zusammenleben einfacher. Jeder gibt sich dann mehr Mühe. Diese guten Beziehungen zueinander sind also ein geldwerter Vorteil. Eben Sozialkapital.
Und so erlebe ich Rothen.

Die Menschen hier kennen sich und daraus ist Respekt geworden, der unabhängig von Herkommen, Bildung und Einkommen besteht. Wie geht so was? Einige Rothener haben in den Aufbaujahren nach der Wende Vieles richtig gemacht. Sie haben erst einmal Vertrauen zueinander gefasst und dann einen Verein gegründet und nicht umgekehrt. Der Verein will Kultur fördern. Ein großes Wort, ein großes Ziel. Was dies dann in der konkreten Ausformung bedeutet, darüber diskutieren die Vereinsmitglieder mit Verve und Ausdauer. Und machen sich dann ans Werk, Jahr für Jahr. Die Erfolge sind groß. Die Anziehungskraft von Rothen hat nach und nach weitere Bewohner mit unterschiedlichen Fähigkeiten ins Dorf gebracht und andere aus der Umgebung in den Verein. Daraus ist ein Angebot entstanden, faszinierend für Besucher und Touristen gleichermaßen. Die einen wollen, vor allem an den Markttagen, etwas sehen und vielleicht kaufen, die anderen wollen die Landschaft, den See, Menschen und Tiere genießen. Alle zusammen wollen die gute Küche der „Rothen Kelle“ nicht missen; nicht nur die Partnerliebe geht durch den Magen. Beim ersten Mal ist alles neu und ungewohnt. So langsam lernt man die Menschen, die Angebote und die Regeln kennen. Heimelige Wiedererkennungsgefühle stellen sich schon beim zweiten Besuch ein. Und dann, spätestens dann, kommt der Stadtmensch ins Grübeln: wenn Mecklenburg, dann müsste es wohl wie Rothen sein. Hier lebt man nicht in einer WG, aber auch nicht anonym.

Rothen, PLatz nehmen zur Stille
Ein Platz, um die Stille in sich selbst zu finden

Es gibt kein Überangebot an Zerstreuung und Erbauung, das stimmt schon, aber vielleicht doch genug? Sind die leeren Flächen an Zeit und Tätigkeit nicht eine Chance? Ein bisschen das Tempo drosseln ohne zu verlottern? So ein Weg –ich nenne ihn Rothener Weg- entsteht nicht ohne Vision und nicht ohne Anstrengung. Und beides ist auch in Zukunft notwendig.

Rothen, Blick auf die Kulturscheune
Rechter Hand liegt die Kulturscheune

Solange aber die wechselseitige Wertschätzung bei den Aktiven nicht nachlässt, und gleichzeitig die Offenheit gegenüber Zusteigern mit und ohne Bleibeperspektive erhalten bleibt, kann das Dorf sich seines sozialkapitalen Reichtums gewiss bleiben. Was für eine Zierde im Garten der Metropolen!

Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

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